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 | Soweit das Rezept. Wir haben damit relativ schmerzlos das Banddiagramm eines
pn-Übergangs konstruiert. Aber was ist denn eigentlich physikalisch passiert? Welche Ladungen sind in der
Raumladungszone? Wie soll man sich das ganze vorstellen? |
|  | Nun - genauso wie beim Kontakt Volumen-Oberfläche. Nur daß die vielen Elektronen
in n-Si jetzt überall im p-Si viele freie, energetisch tiefer
liegende Plätze finden, nicht mehr nur in einer dünnen Schicht wie zuvor. Für die Löcher des
p-Si ist es genau umgekehrt. |
|  | Die Möglichkeit, durch Besetzung der energetisch tiefer liegenden Plätze Energie zu gewinnnen,
ist also genauso da wie beim Oberflächen-Volumen Kontakt, und das kann man als treibende Kraft für
Eindringen der jeweiligen Majoritätsladungsträger in die andere Si-Hälfte betrachten. |
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Wir können die Situation aber auch ein bißchen weniger pauschal,
und ein bißchen mehr aus Sicht der Ladungsträger betrachten. Das ist sehr nützlich zum tieferen
Verständnis und für spätere Berechnungen |
|  | Dazu müssen wir und klar machen, daß Elektronen und Löcher ziemlich
beschränkt sind - sie wissen nichts von Konzentrationen und Konzentrationsgradienten, von freier Enthalpie und
Plätzen niedrigerer Energie, von ihrer Sterblichkeit via Lebensdauer oder, wie, wann, wo und weshalb sie
generiert wurden - also ein bißchen so wie bei Erstsemestern oder Geisteswissenschaftlern. |
|  | Ein Elektron (und ein Loch genauso) läuft nur
ziemlich stur durch den Kristall und stößt sich mit dieser und jenem. Falls diese oder jener gerade
paßte, rekombiniert es mit ihm. Ansonsten spürt es allenfalls noch vorhandene elektrische Felder, die in
seiner Bewegung wie bergauf- oder bergab Situationen wirken. |
 | Warum
dann der Drang zu den energetisch tieferen Plätzen? |
|  | Einfach: Weil dort weniger Kollegen sind. Und jede Zufallsbewegung produziert nun mal ganz automatisch
einen Diffusionsstrom in Richtung der kleineren Konzentration, obwohl jedes
Teilchen für sich völlig "random" läuft. Das haben wir uns ausführlich angesehen! |
|  | Kollektivphänome sind eben nicht nur bei
Menschen, sondern auch bei Teilchen oft nicht aus dem Verhalten einzelner Mitglieder einer Gruppe unmittelbar zu
erkennen. Und auch bei Ladungsträgern muß man genau darauf achten, ob man die Einzelgänger, oder das
Kollektiv betrachtet; ein relevantes Beispiel dazu findet sich
im Link. |
 | Es ist also nur der
Konzentrationsgradient, der die Elektronen ins p-Gebiet, und die Löcher
ins n-Gebiet treibt. Hätten wir neutrale Atome, also ein typisches
Diffusionsproblem, wäre nach einiger Zeit die Konzentration ausgeglichen und hätte überall denselben
Wert. Bei unseren (geladenen) Teilchen verhindern dies aber zwei Faktoren: |
|  | 1. Falls sich ein Elektron ins p-Si
begibt, gibt es dort keine Ladungskompensation für die zusätzliche negative Ladung, denn positiv geladene
Donatoren gibt es im n-Si eben nicht. Zwar haben wir viele positiv geladene Löcher, aber die sind bereits
mit den negativ geladenen Akzeptoren austariert und können keine Zusatzladungen kompensieren. |
|  | Wir haben jetzt zuviel negative
Ladungen im p-Si und, wegen der Symmetrie mit den Löchern, zuviel positive Ladungen im n-Si.
Wiederum verschieben sich die Potentiale, und wir bauen ein elektrisches Feld auf. Die Diffusion erfolgt jetzt
"bergauf", irgendwann käme sie zum Stillstand. |
|  | 2. Die ins p-Si gewanderten Elektronen und die ins n-Si gewanderten Löcher sind
dort Minoritätsladungsträger, sie addieren sich zu den bereits vorhandenen Minoritäten, die in der jeweiligen
Gleichgewichtskonzentration vorliegen. |
|  | Wiederum gilt aber: Alle Ladungsträger
sind gleich, sie werden also genau wie die bereits vorhandenen Minoritäten nach Ablauf ihrer Lebensdauer
t rekombinieren und weg sein - sie verschwinden einfach; der Berg wird flacher,
Nettodiffusion kann wieder stattfinden. |
 | Selbstverständlich wird
sich jetzt ein Gleichgewicht einstellen, und es werden genausoviele Elektronen und
Löcher per Diffusion nachgeliefert, wie per Rekombination verschwinden. Denn die Generationsrate, die uns sonst die Minoritäten produziert, hat
keinen Grund sich zu ändern. |
|  | Der letzte Satz
enthält einen tiefen Gedanken, dem wir hier aber nicht weiter nachgehen wollen - wer Tiefdenken will,
betätigt den Link. |
|  | Es fließt also ein ständiger Strom an Elektronen vom n-Si ins p-Si, und der muß - immer im
Gleichgewicht - durch einen entgegengesetzt gleichgroßen Strom kompensiert werden, soviel ist klar. |
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Man könnte natürlich auch sagen: Was soll's - der Gesamtstrom ist
= 0, das wissen wir; warum die ganze Philosophie um gleichgroße Hin- und Rückströme und so
weiter? |
|  | Das ist zwar nicht falsch, aber genauso
ungeschickt wie zu sagen: Solange sich mein Kontostand nicht ändert, findet kein Geldtransfer statt, es wird
nichts eingezahlt und abgehoben. Das wäre nicht nur in der Regel nachweislich
falsch, es wäre auch eine kurzsichtige Denke; inbesondere, wenn Einzahlungen und Abhebungen recht groß
sind. |
|  | Denn auch wenn sie sich im Gleichgewicht
genau kompensieren - eine kleine Störung, und die Effekte werden sofort drastisch. Es ist schon besser, die
Teilströme immer im Auge zu behalten. |
 | Das wird uns noch
ausführlich beschäftigen, jetzt wollen wir aber erst mal ein Ortsdiagramm des pn-Übergangs
anschauen. |
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 | In Grunde alles wie gehabt - aber, wie schon gesagt, die Ströme werden uns noch ausführlich beschäftigen. |
 | Um genauere Aussagen über das Banddiagramm zu bekommen, müssen wir natürlich
wieder die Poisson Gleichung lösen. Qualitativ ist das wieder ganz einfach; es ist in einem eigenen
Modul behandelt. Quantitativ bringt es gegenüber der alten
Übung nur mehr Rechenarbeit, aber nichts wirklich neues. Was wir aber auch so mit großer Gewißheit
vermuten können, ist: |
|  | Die Form wird sich
wohl aus Parabeln zusammensetzen lassen. Aber das ist eigentlich ziemlich egal, denn die Form einer Energiebarriere - und um eine solche handelt es sich ja - hat uns noch nie besonders
interessiert. |
|  | Die
Gesamtausdehnung dRLZ wird wohl wieder mit (1/ND)½ skalieren - nur für die Dotierkonzentration ND,
die ja links und rechts verschieden sein kann, müssen wir wohl eine Art Mittelwert verwenden. So ist es; was
herauskommt ist einfach |
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dRLZ | =
| 1 e | æ ç è | 2 ·eSi · e0
· DEF | · | æ è | 1 NA | +
| 1 ND | ö ø | ö ÷ ø | ½ |
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 | Wie groß ist nun so eine
Raumladungsgzone unter realistischen Umständen? Nun - man kann's mit der Formel leicht ausrechnen, man kann aber
auch die Illustration anschauen. |
|  | Wir merken uns nur: Sie kann im Extremfall 100
µm oder auch nur 10 nm breit sein. Der typische Wert ist aber um 1 µm. |
 | Bevor wir uns jetzt den Strömen widmen, wollen wir aber noch schnell die Konzentrationen
der Ladungsträger im Gleichgewicht qualitativ anschauen. |
|  | Wir beginnen wieder mit dem fertigen Bild, und schauen ob wir per Bildbetrachtung eine
sinnvolle Interpretation hinbekommen. |
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|  | Links gibt es viele Löcher und wenige
Elektronen; das ist eindeutig das p-dotierte Gebiet. |
|  | Rechts ist entsprechend das n-Gebiet. Da die Elektronenkonzentration im n-Gebiet höher
ist als die ;Löcherkonzentration im p-Gebiet, muß die n-Seite höher dotiert sein als die
p-Seite; der pn-Übergang ist also asymmetrisch. |
|  | In der Raumladungszone gehen die Konzentrationen "irgendwie" vom hohen auf den niedrigen Wert.
Unvermeidlich müssen sie sich aber in einem Punkt schneiden. Dieser Punkt ist mit
"ni" markiert, also mit der intrinsischen Ladungsträgerkonzentration. Warum?
Weil wir immer noch Gleichgewicht haben, und damit das Massenwirkungsgesetz immer gilt. Gleichheit von Elektronen- und
Löcherkonzentration kann damit nur bei ni vorliegen. |
|  | In der Raumladungszone sind immer noch alle
Dotieratome vorhanden, aber nicht mehr durch eine entsprechende Anzahl von Majoritätsladungsträger
elektrisch neutralisiert. |
 | Im Grunde ergeben sich natürlich
alle Konzentrationen aus dem Abstand der Fermienergie zu den jeweiligen Bändern; der Abstand ergibt sich aus der
Bandverbiegung, und diese aus der Lösung der Poisson Gleichung - wer will kann sich ans Werk machen, mit oder
ohne Näherungen, für jede Temperatur. |
|  | Viel Spaß! Aber was wollen
wir eigentlich ausrechnen? In erster Linie eigentlich die Strom-Spannungs Kennlinie eines pn-Übergangs.
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|  | Das bekommen wir aber mit dieser Art von
Rechnung gar nicht. Stromfluß heißt nämlich Nichtgleichgewicht -
wir müssen erstmal wieder scharf nachdenken! |
|  | Das tun wir jetzt aber im nächsten Unterkapitel |
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© H. Föll (MaWi 2 Skript)