 | Um die genaue Form der Bandverbiegung berechnen zu können, tun wir gut daran, uns die Situation ausnahmsweise mal nicht im
Banddiagramm, sondern im gewöhnlichen Ortsraum anzuschauen. |
|  | Berechnen
heißt, die Poissongleichung, in der die Ladungsdichte mit dem
elektrischen Potential verknüpft wird, für den betrachteten Fall zu lösen. |
|  | Dazu müssen wir erstmal wissen, wo sich die
diversen Ladungen befinden. |
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 | Die beweglichen Elektronen sind in
Oberflächennähe zurückgedrängt (soweit die Bandverbiegung eben reicht), die wenigen Löcher
können wir vergessen - aber was immer bleibt, sind die ortsfesten Dotieratome, in unserem Fall positiv geladene ionisierte
Donatoren. |
|  | Offenbar sind diese ortsfesten
positiven Ladungen die Partner der in die Oberfläche gewanderten ehemaligen Volumenelektronen: Von ihnen gehen
die Feldlinien aus, die auf den negativen Ladungen der
Oberfläche enden. |
|  | Im Bereich der Bandverbiegung
haben wir also noch eine feste, zeitlich unveränderliche Verteilung von Ladungen im
Raum, wir nennen das ganz Gebilde von nun an Raumladungszone RLZ (engl.. Space Charge Region; SRC). Die Raumladungszone
ist ein fundamentaler Begriff der Halbleitertechnologie; der in den elementaren
Wortschatz gehört. |
 | Die Ausdehnung oder Breite
dRLZ der Raumladungszone (=Ausdehnung der Bandverbiegung) ist also letztlich dadurch bestimmt,
wie weit man ins Innere des Materials gehen muß, bis man genügend positive geladenen Donatorionen gefunden
hat, um die negativen Oberflächenladungen zu kompensieren. |
|  | Es ist also jetzt schon klar, daß in nur leicht dotierten Halbleitern (=wenig
Dotieratome) die Raumladungszone breiter sein muß, als in stark dotierten. |
 | Die Ausdehnung oder Breite dRLZ der Raumladungszone läßt sich auf zwei Arten berechen |
|  | 1. Wir lösen die zugehörige Poisson Gleichung. Das werden wir auch -
aber noch nicht sofort. |
|  | 2. Wir denken scharf nach und greifen auf etwas zurück, das wir bereits
kennen. Das werden wir als erstes versuchen. |
 | Was wir bereits kennen, ist
ein Plattenkondensator: Zwei Platten mit der
Fläche F im Abstand d enthalten die Ladung ±Q; dazwischen ist noch
ein nichtleitendes Material mit der Dielektrizitätskonstaten er . Der
Kondensator hat die Kapazität C, gegeben durch |
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|  | Dabei ist e0 die dielektrische Suszeptibilität des Vakuums. Zwischen den Platten ist dann ein
elektrisches Feld E=-dU/dx; U ist die anliegende
Spannung |
 | ??? - was nützt das? Nun ja - das
Bild oben zeigt bei genauer Betrachtung eine Anordnung, die ziemlich viel
Ähnlichkeiten mit einem Plattenkondensator aufweist. |
|  | - Rechts ist negative Ladung auf einer dünnen "Platte".
- Links ist positive
Ladung; allerdings nicht auf einer Platte, sondern "verschmiert". Das entpricht einer
"Verschmierung" des Abstands d der Platten zwischen d=0 und
d=dRLZ; eine Platte ist sozusagen aus Wellblech.
- Zwischen den
"Platten" ist ein Material, das nur sehr schlecht leitet - denn in der RLZ gibt es kaum freie
Ladungsträger.
- Im Material zwischen den "Platten" ist ein elektrisches Feld.
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|  | Mit ein bißchen Nachdenken erkennt man also:
Eine Raumladungszone ist einem Kondensator nicht nur ähnlich - sie ist ein Kondensator, oder allgemeiner gesagt, sie hat eine in Farad meßbare Kapazität. |
 | Das
einzige Problem ist der "verschmierte" Plattenabstand. Wir trauen uns einfach mal und beschließen: In
so einem Fall nehmen wir einfach einen mittleren Plattenabstand <d>=½ · dRLZ. |
|  | Für die Kapazität unseres
RLZ-Kondensators haben wir jetzt zwei Gleichungen: |
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CRLZ | =
| 2 · eSi · e0 · F dRLZ | |
CRLZ |
= | Q
UK | = | Q DEF/e |
= | e · (ND
· F · dRLZ) DEF/e | = | e2 · (ND · F ·
dRLZ) DEF |
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 | Die 1. Gleichung ist klar, die
2. bis nach dem ersten Gleichheitszeichen auch. Was danach kommt, muß vielleicht erklärt werden: |
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1. Wir kennen die an unserem
Raumladungskondensator anliegende Spannung U, hier genauer mit UK=Kontaktspannung bezeichnet. |
|  | Denn die Spannung zwischen zwei Punkten ist die Differenz des elektrostatischen Potentials der beiden Punkte, und damit der Unterschied in der elektrostastischen Energie dividiert durch die Ladung (=e in unserem Fall). |
|  | Der Unterschied in der elektrostastischen Energie ist
aber gerade der Unterschied der Fermienergien vor dem Kontakt (=DEF), denn genau um diesen Betrag haben wir ja die Energieachsen
verschoben. Damit gilt UK=DEF/e. |
 | 2. Wieviele Ladungen Q haben wir auf unseren
"Platten"? |
|  | Von den negativen Ladung auf
der Oberfläche wissen wir es nicht, aber von den positiven Ladungen in der Raumladungszone wissen wir es schon:
Es sind genau so viele Elementarladungen, wie wir ionisierte Dotieratome in der RLZ haben. |
|  | Falls alle Dotieratome ionisiert sind (wovon wir jetzt ja immer ausgehen), braucht man also nur die
Dichte ND mit dem Volumen F ·
dRLZ der Raumladungszone zu multiplizieren, um die Zahl der in der RLZ enthaltenen
ionisierten Dotieratome zu erhalten; damit es eine Ladung wird muß noch mit e multipliziert werden. |
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Was wir jetzt im Kasten oben haben sind 2 Gleichungen für die
2 Unbekannten CRLZ und dRLZ. |
|  | Die Lösung ist beliebig
einfach, wir erhalten |
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dRLZ |
= | æ ç è
| 2 · er · e0 · DEF
e2·ND | ö
÷ ø | ½ |
CRLZ /F | = | æ ç
è | 2 · er · e0 · e2
·ND DEF | ö ÷ ø | ½ | |
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 | Das war nicht so schwer! Und wir haben
eine relativ einfache Formel für die Weite der RLZ erhalten. |
|  | Wie vorhergesagt,
nimmt dRLZ zu, wenn die Dotierkonzentration abnimmt - mit
(1/ND)1/2, um genau zu sein. |
|  | Weiterhin nimmt dRLZ zu, wenn die Differenz der Fermienergien größer
wird - auch das ist klar. |
 | Allerdings stehen zwei Fragen im Raum.
Erst die einfachere der beiden: |
|  | Frage 1: Stimmt das überhaupt? Immerhin haben wir aus der RLZ nur durch Tricksen
einen Plattenkondensator machen können. Oder anders herum gefragt: Wie gut ist die Gleichsetzung des
"mittleren" Abstands der Kondensatorplatten mit der halben RLZ Weite? |
|  | Antwort: Die
Formel stimmt exakt! Das weiß "man" (und wir gleich auch), aus der Lösung der Poissongleichung
für diesen Fall - wir erhalten nämlich das gleiche Ergebnis. |
|  | Frage 2: Was ist
denn die Dielektrizitätskonstante er von Si? Si ist ja
schließlich ein Halbleiter und kein Dielektrikum? |
|  | Antwort: Jedem Material kann man
eine Dielektrizitätskonstante zuschreiben - es ist nur nicht immer sinnvoll, es in einen Kondensator zu stecken.
Wir haben das in einem extra Modul auch schon mal
angesprochen. |
 | Wir wollen uns das Leben aber nicht
unnötig schwer machen, sondern uns zwei Möglichkeiten zur eindeutigen Messung der Dielektrizitätskonstante eines beliebigen Halbleiters überlegen: |
|  | 1. Wir stecken das Material bei T=0
K in den Plattenkondensator. Dann fließt garantiert kein Strom, da alle Halbleiter jetzt Isolatoren sind. Die
Dielektrizitätskonstante ist eindeutig meßbar; selbst wenn wir ein bißchen aufwärmen sollte es
noch klappen; wir müssen nur zur Auswertung der Messung dem "reinen" Kondensator den durch die
beginnende Leitfähigkeit gebildeten Widerstand parallel schalten und entsprechend berücksichtigen. |
|  | 2. Wir erinneren uns, daß alle Halbleiter für Licht mit h n < EG vollständig durchsichtig sind - und dann einen Brechungsindex nOpt haben, der (wie wir wissen sollten) durch
folgende Gleichung gegeben wird: |
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nOpt | = | æ è | eHalbleiter | ö ø
| 1/2 |
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|  | Der Brechungsindex ist also nur eine etwas
andere Form der (frequenzabhängigen) Dielektrizitätskonstante. Spätestens damit läßt sich
unser gesuchtes er auch bei hohen Temperaturen bestimmen. |
 | Was wir finden werden ist, daß Halbleiter typischerweise relativ
große Dielektrizitätskonstanten haben - sie liegen irgendwo zwischen 10 - 20. |
|  | Damit haben wir eigentlich die Raumladungszone - ihr Zustandekommen und ihre Ausdehnung - schon ziemlich gut verstanden.
Was noch fehlt ist die formale Berechunung und die genaue Form der
Bandverbiegung. |
|  | Jetzt muß eben doch die
Poisson Gleichung gelöst werden. |
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 | Hier schauen wir uns nur an, wie die Lösung prinzipiell aussehen
muß: | |
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|  | Wir haben in
der RLZ eine konstante Ladungsdichte r(x, y,
z)=ND; das ist durch das hellblaue Rechteck angedeutet. Außerhalb der
RLZ ist sie (im Halbleiter) =0. |
|  | Die negativen Ladungen auf der Oberfläche bilden eine Art Delta-Funktion (grün angedeutet); wir
brauchen sie hier aber erstmal nicht zu berücksichtigen. |
|  | Natürlich wird die Ladungsdichteverteilung nicht streng rechteckig sein sondern, wie angedeutet, eine
weiche Flanke haben. Aber auch das ignorieren wir erstmal, da es nur minimalen Einfluß auf die Lösungen
nimmt. |
 | Zu lösen ist also die
eindimensionale Differentialgleichung für eine Ladungskonzentration ND zwischen
x=0 und x=dRLZ | |
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|  | Dazu müssen wir nur
zweimal integrieren. Die erste Integration liefert die Feldstärke; wir erhalten eine Gerade wie mit der roten Kurve qualitativ angedeutet. Für die quantitativen
Parameter müssen wir die Übungsaufgabe machen | |
|  | Die zweite Integration liefert das elektrostatische Potential oder die Kontaktspannung, falls wir das linke Ende auf UK=0 setzen. Wir
erhalten eine Parabel. Damit wäre die
Form der Bandverbiegung jetzt auch klar. | |
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 | Zur quantitativen Berechnung braucht man zwei Randbedigungen. |
|  | Eine davon ist auch unmittelbar klar: Die
gesamte Potentialdifferenz muß DEF/e sein, denn das ist die
Potentialverschiebung, die bei Gleichgewicht vorliegen muß. Über die zweite denken wir selbst ein
bißchen nach - auch sie ist in der Zeichnung enthalten. |
|  | Die Breite der Raumladungszone ergibt sich letztlich aus den Randbedingungen. Qualitativ ist
im rechten Bild zwar alles klar, aber um obige Formel zu erhalten muß man jetzt
halt rechnen. |
 | Wie versprochen, haben wir aus unserem etwas seltsamen Kontakt von Volumen und Oberfläche
eine ganze Menge Honig gesaugt. Aber es ist noch mehr davon da! |
|  | Und darauf wollen wir schnell noch einen kurzen Blick werfen. |
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| Volumen - Oberflächenkontakt mit zusätzlicher externer Spannung |
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 | Was passiert, wenn wir sowohl das Volumen, als auch die Oberfläche mit
einem ohmschem Kontakt versehen, und dann eine äußere Spannung Uex anlegen? |
|  | Wie
wir das tun, d.h. wie wir Volumen und Oberfläche kontaktieren, müssen wir
beim Gedankenversuch nicht wissen. Um die Lage einfach zu machen, erden wir das Volumen (d.h. wir definieren VVol=0), so daß
nur an der Oberfläche die zusätzliche Spannung ±Uex anliegt. Mit dem ±
Zeichen soll angedeutet werden, dass man die gesamte Spannung vergrößern oder verkleinern kann - je nach
Vorzeichen der angelegten externen Spannung. |
|  | Je nach Vorzeichen der Spannung muss das Vorzeichen des Potentials gewählt
werden. Man kann die Konventionen auswendig lernen, oder sich schlicht daran halten, dass pos. Spannung die Elektronen
"anzieht", d.h. das Potential senkt. Das bedeutet, dass man in den nachfolgenden Formeln nur das
– Zeichen braucht falls man U mit Vorzeichen einsetzt; eine negative Spannung führt
dann zum +. |
|  | Damit haben wir aber auch die zusätzliche elektrostatische Energie
– e ·Uex für die Elektronen. Und was das bedeutet wissen wir schon: |
 | Wir
müssen das Banddiagramm der Oberfläche lokal um den Betrag – e ·Uex
verschieben; dazu müssen wir die Bänder zusätzlich verbiegen |
|  | Solange kein Strom fließt ist
alles wie gehabt, wir müssen nur die externe Spannung
Uex zur Kontaktspannung UK
= – DEF/e addieren, um die gesamte am Kontakt
anliegende Spannung U zu erhalten : |
| |
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|  | Je nach Vorzeichen von U
wird also die insgesamt anliegende Spannung vergrößert oder verkleinert. |
 | Alle Formeln können beibehalten werden, wir müssen nur UK durch
U ersetzen und erhalten |
| |
dRLZ | =
| æ ç è | 2 · eSi · e0· (DEF – e
·Uex) e2 · ND | ö ÷ ø | ½ |
CRLZ /F |
= | æ ç è
| 2 · eSi
· e0 · e2· ND
DEF – e · Uex | ö ÷ ø | ½ | |
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 | Das ist schon mal nicht schlecht! Wir
könnten einen abstimmbaren Kondensator bauen! Durch die Größe der
anliegenden Gleichspannung kann man die Kapazität des Kontakts ändern, und dann das
Wechselspannungsverhalten gezielt einstellen, z.B. die Resonanzfrequenz eines Schwingkreises. |
|  | Aber halt! Leider nur im Gedankenversuch! Wir wollen
aber nicht nur gedanklich Radio hören und Fernsehn gucken, sondern real. Dazu müssen wir dann aber in den
nächsten Unterkapiteln reale Kontakte machen. |
 | Es bleibt noch mindestens eine Frage, die sich jetzt wieder mit
Macht aufdrängen müßte: |
|  | Kann man die Kontaktspannung UK messen - im
Gedankenversuch natürlich! Wird ein Voltmeter an unseren ja bereits vorhandenen Kontakten eine Spannung
anzeigen? |
|  | Noch härter gefragt: Kann man mit der
Kontaktspannung einen Strom durch einen externen Widerstand treiben? Dann hätten wir ein Perpetuum mobile! |
 | Damit ist die Antwort auf obige Fragen klar: Nein, und nochmals nein! |
|  | Nur: Warum die Antwort nein
sein muß, ohne den 1. Haupsatz zu bemühen, ist nicht so recht klar. |
|  | Die Antwort findet sich in einem extra Modul. Aber erst selbst nachdenken! Hinweis: Man kann Gedankenversuche auch
überstrapazieren. |
 | Wir wollen aber an dieser Stelle jetzt
nicht mehr tiefer in die Materie eindringen, sondern dies bei realen Kontakten tun, die wir tatsächlich
herstellen und kontaktieren können, nicht nur im Gedankenversuch. |
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© H. Föll (MaWi 2 Skript)