| Bevor wir das thermodynamische Gleichgewicht näher
behandeln, müssen wir einige Grundelemente der Thermodynamik näher betrachten oder uns ins Gedächtnis
zurückrufen. Wir wollen dazu nicht, wie üblich und durchaus nützlich, die historische Entwicklung
nachvollziehen, sondern gleich die wichtigsten Aussagen der "modernen" statistischen Betrachtung der Thermodynamik verwenden - auf immer verbunden mit dem Namen Ludwig Boltzmann (siehe
auch Thermodynamik Skript). |
|  | Dem einen oder der anderen mag
es bei dem Begriff "statistische" Thermodynamik grausen. Dieser Teil der
Physik gilt als schwer und mit länglichen Formeln und merkwürdigen Begriffen wie "großkanonische
Gesamtheit" oder "Ergodenhypothese "
befrachtet. |
|  | Das ist schon richtig - aber nicht für uns bei dieser Vorlesung. Hier gilt das genaue Gegenteil: Die
Grundlagen der statistischen Thermodynamik sind (bei Verzicht auf einige trickreiche Herleitungen wesentlicher
Formeln) viel einfacher zu verstehen, als die Grundlagen der klassischen Thermodynamik! |
 | Zunächst brauchen wir den ersten und zweiten Haupsatz der Thermodynamik. |
 | Der erste Hauptsatz ist im Grund nichts anderes als der altbekannte Energieerhaltungssatz, aber ergänzt durch die monumentale Entdeckung Robert Mayers, daß
Wärme eine Energieform ist. |
|  | Über das "mechanische Äquivalent": 1 cal = 4,18 J läßt sich Arbeit
(gemessen in Joule, J) in
Wärme (gemessen in Kalorien, cal) umrechnen und umgekehrt. |
 | Zum zweiten Haupsatz kommt man, wenn man berücksichtigt, daß zwar mechanische
Arbeit oder Energie sich immer zu 100 % in Wärme umsetzen läßt, Wärmeenergie aber nie zu 100 % in mechanische Arbeit. |
|  | Der zweite Hauptsatz berücksichtigt damit,
daß viele Prozesse im Universum irreversibel sind; sie können nicht
umgekehrt werden. |
|  | Hier steckt ein tiefes Rätsel der Natur: Rückwärtslaufende Filme der menschliche Welt sind
sofort als mit der Erfahrung unvereinbar zu erkennen, während in der Zeit rückwärtslaufende
"Filme" aller Vorgänge auf der Ebene der Elementarteilchen nicht von den in der Zeit
vorwärtslaufenden zu unterscheiden sind. |
|  | Woher kommt diese offenbar vorgegebene Richtung der Zeit von der Vergangenheit in die Zukunft in makroskopischen Dimensionen? Denn in mikroskopischen
Dimensionen gibt es keine Richtung der Zeit! In allen Formeln kann t
durch –t ersetzt werden, ohne daß etwas falsch wird. |
|  | Der 2. Haupsatz postuliert als einziges physikalische Grundgesetz eine Richtung der Zeit. Er hat damit etwas
Geheimnisvolles, denn eine Richtung der Zeit ist aus den anderen pysikalischen Grundgesetzen nicht zu erkennen. Der
2. Haupsatz war und ist einer der zentralen Sätze mit dem sich philosophierende Naturwissenschaftler
beschäftigen. Mehr dazu im Link. |
 | Die Thermodynamik mit all ihren
Verästelungen, Wärmekraftmaschinen und Perpetuum Mobiles war lange Zeit
eine phänomenologische Theorie - und zwar eine sehr erfolgreiche. |
|  | Wärme war eine Form von
Energie, soviel war klar, aber was genau einen warmen von einem kalten Körper
im Inneren unterscheidet, war nicht klar (die Atome waren noch nicht "erfunden"). Im übrigen beschäftigt sich die
klassische Thermodynamik vorzugsweise mit Gasen, die uns in der Materialwissenschaft weniger interessieren. |
|  | Wir ersparen uns
hier weitgehend die phänomenologischen Grundlagen und konzentrieren uns auf einige wenige Schlüsselaussagen
der statistischen Theorie der Wärme, in der alle Begriffe der
phänomenologischen klassischen Thermodynamik auf das Verhalten der Atome zurückgeführt sind. |
| Trotzdem sollte der
Materialwissenschaftler die Grundzüge der klassischen Theorie kennen. Dazu kann man bei dem entsprechenden Basisbegriff nachschauen (im Hyperscript "Defects"),
oder Bücher zur Thermodynamik zu Rate ziehen. |
| |
| Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik |
| |
| Doch nun zum ersten Hauptsatz der
TD (so kürzen
wir Thermodynamik gelegentlich ab). |
|  | Wir betrachten ihn, abweichend vom
normalem Vorgehen, zunächst in einer mehr modernen Form. Wir wissen nämlich schon, daß Wärme eine Form von Energie darstellt, daß es
Atome gibt und daß Energie immer als kinetische und/oder potentielle Energie der Atome oder
Moleküle (in den entsprechenden elektrischen-, magnetischen- oder Gravitationsfelder) aufgefaßt werden
kann. |
|  | Als Ausgangspunkt
betrachten wir die innere Energie eines Teilchensystems. "Innere" heißt, daß wir nur die dem System innewohnenden wichtigen
Energiebeiträge mitnehmen, die zum Teil schon durch die Wahl eines "inneren" Koordinatensystems
bestimmt sind. |
|  | Wenn wir z.B. einen Si-Kristall betrachten, der auf einem Tisch liegt und den wir vielleicht
heiß oder kalt machen und evtl. noch irgendwelchen Drücken aussetzen wollen, interessiert uns nicht die
kinetische Energie, die im Kristall steckt weil sich die Erde um die Sonne bewegt usw.; diese Beiträge sind auch
automatisch weg wenn wir unser Koordinatensystem am Kristall (oder, in dem Beispiel, am Tisch) "festmachen".
In diesem Beispiel interessiert uns aber auch nicht unbedingt die potentielle Energie des Si-Kristalls im
Schwerefeld der Erde, weil sie im Vergleich zur kinetischen und elektrostatischen Energie der Atome klein ist und sich
vor allem bei unseren geplanten Manipulationen nicht ändert. |
|  | Uns interessieren nur Energiebeiträge, auf die wir Einfluß nehmen können, die sich ändern können; z.B. indem man dem System Wärmeenergie zuführt. Damit
fallen (fast immer) auch die Energien der inneren Elektronen weg; denn die können wir nur beeinflussen, wenn wir
(per Kernspaltung) die Atome ändern. |
|
 | Da bei einem Stück Si das nur so rumliegt auch keine chemischen Reaktionen
stattfinden (im wörtlichen oder im erweiterten Sinn), können wir die Energien der Elektronen auch weitgehend
ignorieren. |
 | Was für unseren
Si-Kristall (oder jeden anderen festen Körper)
bleibt, ist also nur noch die ungeordnete kinetische Energie der um ihre Gleichgewichtslage im
Gitter schwingenden Atome, zusammen mit der aus dem Bindungspotential kommenden potentiellen Energie. |
|  | Wenn wir ein Gas betrachten, ist es die nur die kinetische Energie der im
vorgegebenen Volumen ungeordnet (="statistisch") herumsausenden Atome
und Moleküle. Bei Molekülen muß man evtl auch noch die Energie mitbetrachten, die in Rotationen und
Schwingungen steckt. |
 | Betrachten wir, was
geschieht, wenn man einem solchen System Energie in Form von Wärme zuführt. Wir wollen dies im direkten
Vergleich Festkörper (= Kristall) und Gas tun: |
|
Festkörper | Gas |  |  | Die Atome schwingen in ihrem Potentialtopf (symbolisiert durch Federn) um die Gleichgewichtslage
(angedeutet durch blaue Doppelpfeile). Dies ist eine Momentaufnahme mit Bezug auf
die Geschwindigkeiten mit ganz kurzer Belichtungszeit. Wenige Picosekunden später sehen die Doppelpfeile
überall anders aus; die in der Bewegung steckende innere Energie (= Summe aus der
mittleren kinetischen und potentiellen Energie der Schwingungen) bleibt aber konstant. | Die Atome (oder auch Moleküle) fliegen mit konst. Geschwindigkeit (angedeutet durch
braune Pfeile) durch den verfügbaren Raum. Dies ist eine Momentaufnahme mit
ganz kurzer Belichtungszeit. Wenige Nanosekunden später sehen die Pfeile überall anders aus, da sich durch
Stöße die Vektoren ständig ändern. Die in der Bewegung steckende innere Energie (= Summe der
kinetischen Energie der Teilchen) bleibt aber konstant. | Wir führen jetzt Wärme zu (d.h. wir erhöhen die Temperatur) | Damit erhöht sich die
innere Energie durch: | Erhöhung der mittleren kinetischen Energie der
Schwingung und Erhöhung der mittleren potentiellen Energie durch Abweichungen
von der Ruhelage im Potentialtopf des Atoms in seiner
Bindungsumgebung | Ausschließliche Erhöhung der kinetischen
Energie der Gasteilchen (mit möglichen Energieanteilen in Translation, Rotation und Schwingungen). |
Da die potentielle Energie und die Schwingungsenergie im Prinzip unabhängig
voneinander sind (man könnte gedanklich einem Atom nur potentielle Energie zuführen, d.h. den Abstand zum
Nachbarn ändern ohne die momentane Geschwindigkeit zu ändern und umgekehrt), hat ein Atom im Kristall
6 Freiheitsgrade um Energie aufzunehmen: 3 für potentielle
Energie und 3 für kinetische Energie - je ein Freiheitsgrad pro Raumrichtung. | Ein 1-atomiges Gas hat 3 Freiheitsgrade, es kann Energie
nur durch Bewegung in jede der drei Raumrichtungen aufnehmen. Bei einem 2-atomigen Gas wird
es komplizierter: Zu den 3 Freiheitsgraden der Translation kommen im
Prinzip noch 2 Freiheitsgrade der Rotation (es kann um zwei Achsen senkrecht zur Bindungsrichtung rotieren) und Freiheitsgrade
möglicher Schwingungen . |
|
| Wir haben schon
mehrfach den einfachen Zusammenhang benutzt, daß die Temperatur ein Maß für die dem System
innewohnende innere Energie ist. Der quantitative Zusammenhang ist durch eine
einfache Proportionalität gegeben, die Proportionalitätskonstante ist die Boltzmannkonstante k. |
|  | Wir müssen aber beachten, daß es je nach
System unterschiedlich viele Möglichkeiten dafür gibt, Energie aufzunehmen; die Zahl der unabhängigen
Möglichkeiten heißen die Freiheitsgrade f des Systems. |
|  | Ein zweiatomiges Molekül könnte
beispielsweise Energie aufnehmen, indem es seine Geschwindigkeit in eine der drei Raumrichtungen erhöht,
schneller um eine Achse rotiert, oder mit größerer Amplitude schwingt. Jede Möglichkeit ist ein
Freiheitsgrad. Wieviele es jeweils gibt, mag schwer zu beurteilen sein, jedenfalls sind es aber immer nur endlich
viele. |
|  | Aus der statistischen Thermodynamik ergibt sich ein einfacher Zusammenhang
zwischen der Temperatur T und der Energie E (wer will, darf das auch als Definition der Temperatur betrachten). |
|  | Dieser Zusammenhang heißt Gleichverteilungsatz; er ist so elementar einfach und gleichzeitig so ungeheuer
wichtig, dass die Formel herausgehoben werden soll: |
| |
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|  | Das bedeutet in Worten,
daß pro Freiheitsgrad und Teilchen im Mittel 1/2 · kT thermische Energie im System steckt. Ein
Ansatz zu einer Herleitung findet sich im Link. |
 | Die Energie E ist dabei
die innere Energie wie oben definiert; zukünftig wollen wir sie als spezielle Energie mit einer anderen Abkürzung versehen nämlich mit dem Buchstaben
U. |
|  | Dazu nachen wir jetzt eine Übung |
| |
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 | Diese simple Beziehung ist zwar (noch) nicht der erste Haupsatz, enthält aber seinen
Kernpunkt, nämlich den Verbleib der in einen Körper hineingesteckten Wärmeenergie. |
|  | Die Formel kann (mit einigem Aufwand) zwar ganz sauber aus der statistischen Mechanik hergeleitet werden,
hat aber große Probleme aufgeworfen, denn sie ist gelegentlichen ganz eindeutig falsch, wenn man sie experimentell überprüft. Reale Systeme scheinen manchmal
weniger Freiheitsgrade zu haben, als definitiv da sein müssen. In dieser
Beobachtung steckte einer der Stolpersteine der Physik zu
Beginn des 20. Jahrhunderts, der erst (von Albert
Einstein) mit der Quantentheorie überwunden wurde. |
|  | Das Problem
war, daß nicht alle vorhandenen Freiheitsgrade eines Systems beobachtet wurden. Zum Beispiel kann in einem
2-atomigen Molekül Energie auch in einer Schwingung der Atome gegeneinander aufgenommen werden; diese
Schwingung ist ein gültiger Freiheitsgrad des Systems. Klassisch kann diese
Schwingung mit beliebig kleiner Amplitude stattfinden, und damit auch beliebig kleine Energiebeiträge aufnehmen -
sie sollte immer beobachtbar sein. |
|  | Quantenmechanisch
geht das nicht, die Energie ist gequantelt. Bei kleinen Temperaturen reicht die
thermische Eergie nicht aus, um die Schwingung anzuregen, der Freiheitsgrad ist "eingefroren". |
 | Woran erkennt man das Problem? Wie beobachtet man die Zahl der Freiheitsgrade experimentell? |
 | Um das zu verstehen, formulieren wir zunächst den ersten Haupsatz der Thermodynamik in der üblichen mathematischen Form: |
| |
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|  | Mit dU=Änderung der inneren Energie
U des betrachteten Systems, dQ=zugeführte (differentiell kleine) Wärmeenergie,
dW=nach außen geleistete (differentiell kleine) Arbeit |
| Das ist der Energieerhaltungssatz unter Einschluß der Wärmeenergie. In Worten besagt obige
Gleichung |
|  | Die (differentiell kleine) Änderung der im System vorhandenen
inneren Energie ist gleich der (differentiell kleinen) zugeführten Wärmeenergie minus der nach außen
geleisteten (differentiell kleinen) Arbeit. |
|  | Statt dem differentiellen "d"
hätten wir auch das "Änderungs" D nehmen können, aber in der
gewählten Form wird klar, daß die dU, dQ usw. mit Ableitungen der eigentliche
Funktionen nach den Variablen zusammenhängen. |
|  | Die nach außen geleistete Arbeit resultiert in
der Regel aus einer Volumenänderung - der paradigmatische Kolben bewegt sich
in einem Zylinder, z.B. in der Wärmekraftmaschine Benzin- oder Dieselmotor. |
| |
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|  | Hier ist die
Illustration zum 1. Hauptsatz. Links ganz allgemein, rechts in der üblichen technischen Ausführung mit
einem Kolben, der sich in x -Richtung bewegen kann. |
 | Diese Formulierung (in etwas anderer Weise im Jahre 1842) war eine monumentale
Leistung, verbunden mit den Namen Robert Mayer und J. P. Joule; außerdem noch mit einer interessanten Geschichte. |
 | Schauen wir uns ein einfaches Beispiel
an: Einem (perfekten) Kristall wird ein bißchen (dQ) Wärme zugeführt. |
|  | Die nach außen geleistete Arbeit
ist immer Kraft mal Weg, oder umgeschrieben, Druck p mal Volumen V. Da wir unseren
Kristall nur "rumliegen" lassen, ändert sich der Druck nicht, der Kristall wird sich aber etwas
ausdehnen, d.h. das Volumen ändert sich. |
|  | In differentieller Form erhalten wir für die
geleistete Arbeit dW |
| |
|
| Daß hier wirklich Arbeit
geleistet wird, kann man sofort sehen, wenn man gedanklich versucht, den Kristall an der Volumenausdehnung zu hindern.
Man müßte dazu beachtliche Kräfte aufwenden und den Kristall dann unter sehr hohem Druck halten. Oder,
andersherum, der sich ausdehnende Kristall kann eine große Kraft auf einem sehr kleinen Weg wirken lassen, d.h.
etwas Arbeit leisten. |
|  | Noch einfacher wird es, wenn wir statt einem Kristall ein Gas nehmen: Alle Wärmekraftmaschinen - von
der alten Dampfmaschine über den Ottomotor zum Düsentriebwerk - beziehen die nach außen geleistete
Arbeit aus der Ausdehnung von Gasen bei Erwärmung. |
|  | Läßt man Ausdehnung nicht zu, geht der Druck hoch. Dabei wird aber keine
Arbeit nach außen geleistet. In diesem Fall gilt dW=0 und der erste Hauptsatz reduziert sich
für den Fall konstanten Volumens auf |
|
|
|
|  | Die gesamte
zugeführte Wärme geht in die Erhöhung (oder, bei Vorzeichenwechsel, Erniedrigung) der inneren
Energie. |
 | Für unseren Kristall jedoch, den
wir i.a. bei konstantem Druck belassen und dafür eine Volumenausdehnung akzeptieren, schreibt sich der erste
Haupsatz wie folgt: |
| |
dU
|p=const = dQ – p · dV |
|
|  | In Worten: Die
(differentiell kleine) Änderung der im System vorhandenen inneren Energie ist
gleich der (differentiell kleinen) zugeführten Wärmeenergie minus Druck mal der (differentiell kleinen)
Änderung des Volumens. |
| | |
| Die Enthalpie als neues Energiemaß |
| |
 | Bei sehr vielem, was wir mit festen Körpern so
treiben, bleibt der Druck konstant - ganz im Gegensatz zu Gasen! Um in vielen Beziehungen den Term
–pdV nicht immer mitschleppen zu müssen, führt man eine
neue Größe ein, die aus schreibtechnischen Gründen unter diesen Bedingungen anstelle der
(inneren) Energie verwendet wird, nämlich die Enthalpie H. |
|  | Das Wort "Enthalpie" hat Kammerling-Onnes (der Entdecker der Supraletung) 1909 geprägt; es stammt (wie
üblich) aus dem Altgriechischen und bedeutet in etwa "Erwärmung". |
|  | Die Enthalpie
ist damit eine Energieform - so wie die kinetische, potentielle oder innere Energie auch; ihre Einheit ist 1 J.
Sie hängt mit der inneren Energie über eine einfache Definitionsgleichung zusammen: |
| |
|
| Formulieren wir den ersten Hauptsatz
nun mit der Enthalpie, müssen wir als erstes dH bilden; das ist
in diesem Fall das totale Differential der Enthalpie H. Wir
erhalten |
| |
dH = dU + p · dV + V · dp |
|
 | Mit V · dp = 0,
weil wir ja konstanten Druck annehmen, und dem ersten Hauptsatz
(dU = dQ – p · dV) ergibt sich dann |
| |
|
 | Die gesamte
zugeführte Wärme geht jetzt also in die Erhöhung (oder, bei Vorzeichenwechsel, Erniedrigung) der
(inneren) Enthalpie des Materials. |
|  | Wir können die Enthalpie also
als die um die Wärmeausdehnung korrigierte innere Energie betrachten. |
 | Das führt sofort auf eine wichtige
Konsequenz: |
|  | Da
die Wärmeausdehnung bei Festkörpern i.a. klein ist, sind Enthalpie und (innere) Energie dann fast identisch.
Man sagt im Sprachgebrauch deshalb oft "Energie", wenn man eigentlich "Enthalpie"
meint - und macht dabei auch keinen großen Fehler. Für Gase gilt dies aber
nicht! |
| |
|
 | Aus dem 1. Hauptsatz ergeben
sich sofort die Wärmekapazitäten C aller Materialien. Sie sind definiert als der (Differential)quotient aus der
(differentiellen) Zunahme der Wärmenergie und der (differentiellen) Änderung der Temperatur, in anderen
Worten |
| |
|
|  | für den jeweiligen
Körper mit der Masse M . |
 | Die
Wärmekapazität läßt sich leicht messen; was wir erhalten, wird davon abhängen, ob wir bei
Zufuhr der Wärme das Volumen konstant halten (durch entsprechenden Aufbau
äußeren Drucks) oder den Druck. |
|  | Die entsprechenden Werte (mit Index
V oder p für die jeweils konstant gehaltene Zustandsvariable) für einen Körper der Masse
M sind dann unter Verwendung des 1. Hauptsatzes und der innerer Energie U bzw.
Enthalpie H gegeben durch |
| |
|
 | Irgendwelche Messwerte für
irgendwelche Massen M sind natürlich keine sinnvollen Materialparameter. |
|  | Wir brauchen spezifischen Wärmen c, also zum Beispiel die Wärmekapazität pro Masseneinheit M. Das ist dann einfach |
| |
|
 | Die innere Energie oder besser
Enthalpie für einen Kristall kennen wir aber schon; es galt |
|
U Kristall | = | N · ½ · f ·
kT |
|
|
|  | Mit N =
Zahl der Atome im Kristall. |
 | Mit AV = Avogadrokonstante = Zahl der Teilchen (= Atome oder Moleküle) in einem Mol einer Substanz
= 6,022 · 1023, definiert man die sog. Gaskonstante R = k · AV. Damit ergibt
sich noch eine spezifische Wärmekapazität, nämlich die äußerst sinnvolle molare Wärmekapazität von 1 mol eines beliebigen Kristalls,
unabhängig von der Temperatur. Wir erhalten immer |
| |
cKrist, mol | = cp, mol = | ½
· 6 · R = 3R |
|
|
 | Das ist die lange vor der Rechnung
experimentell gefundene Dulong-Petitsche Regel. |
|  | Die simple statistische Behandlung
der Wärme gab die Formel dazu. Sie ist bemerkenswert, sagt sie doch, daß alle Kristalle - ob mit einfachem oder kompliziertem Gitter, ob mit einfacher oder
komplizierter Basis, ob mit mit leichten oder schweren Atomen in der Basis - dieselbe
spezifische Wärmekapazität haben, wenn man sie auf 1 mol
bezieht. |
 | Ob diese Regel immer stimmt, kann man experimentell prüfen. Im 19. Jahrhundert lag man bei der
"Nachprüfung" nicht so schlecht (so wurde die Dulong-Petitsche Regel ja gefunden), aber im 20.
Jahrhundert konnte man zum ersten Mal richtig tiefe Temperaturen machen. |
|  | Und siehe, es stellt sich heraus,
daß die molaren Wärmekapazitäten für alle festen Stoffe mit abnehmender Temperatur nicht mehr konstant bei 3 R lagen, sondern kleiner wurden und sogar gegen Null
tendierten - im Link ist eine Illustration dazu.
|
|  | Erst Albert Einstein hat, wie oben schon gesagt, dieses
Rätsel als erster erklärt (quantitativ, mit einer Formel), indem er die Quantenmechanik ins Spiel
brachte. |
| |
 | Zusammenfassend halten wir fest: |
|  | Der erste
Hauptsatz stellt fest, daß nur thermodynamische Prozesse, bei denen die Energie erhalten bleibt, in der Natur vorkommen können. Er verbietet aber beispielsweise nicht,
daß aus einem Wärmereservoir (z.B. den Meeren) mechanische Arbeit entnommen werden kann, wobei sich das
Reservoir abkühlt. Auch die Umkehrung des
Gedankenversuchs zum thermischen Gleichgewicht wäre prinzipiell möglich: Ein lauwarmer Körper wird
an einem Ende heiß, am anderen kalt. |
|  | Mit dem 1. Hauptsatz allein können wir noch keine Gleichgewichte bekommen. Wir brauchen
weitere Prinzipien, wir brauchen den 2. Hauptsatz! |
| |
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© H. Föll (MaWi 1 Skript)