Bandverbiegung - FAQ

Hier sind einige Antworten auf und Kommentare zu "Frequently Asked Questions" zu Bandverbiegungen.
 

Kann man die internen Potentiale messen?

Kann man das Kontaktpotential messen; zeigt ein Voltmeter, geeignet mit den beiden Enden des Kontakts verbunden, die Kontaktspannung an? Kann die Kontaktspannung einen externen Strom treiben?
Die Antwort muß ein emphatisches NEIN sein, wie wir schon gesehen haben.
Warum? Weil wir zum Kontaktieren der beiden Enden ein reales Material brauchen; typischerweise einen Leiter.
Was immer wir nehmen, die Kontakte des Metalls zu unserem Kontakt werden auch ein Kontaktpotential entwickeln. Und die Summe aller Kontaktpotentiale ist notwendigerweise = 0.

Ändert sich die Austrittsarbeit mit Bandverbiegungen?

Diese Frage kann man auf verschiedene Weise formulieren:
1. Ändert sich die Austrittsarbeit W durch Verschieben der Bänder auf der Energieachse?
2. Verschiebt sich die ganze Energieachse, d.h. auch der Nullpunkt, oder nur das Band bei festgehaltener Achse?
Wie kommt man überhaupt zu der Frage? bei der Behandlung des pn-Übergangs trat sie nicht auf (aber nur weil sie sorgfältig vermieden wurde).
Beim Halbleiter-Metall Kontakt war dieser Fragenkomplex aber nicht mehr zu vermeiden.
Schauen wir uns zunächst an, wie sich die Thematik beim pn-Übergang äußert. Dazu müssen wir nur einige der im Rückgrat verwendeten Bildchen vervollständigen.
 
Hier sind die Banddiagramme von n- und p-Silizium vor dem Kontakt, ganz für sich, aber mit der kompletten Energieskala.
p-n-Kontakt vor Kontakt
Wir haben vereinbart, den Energienullpunkt "ins Unendliche" zu setzen, und die Energie in Prinzip nach unten zu zählen. Der Abstand Nulllinie - Fermienergie war die Austrittsarbeit W.
Da die Lage von Valenz- und Leitungsband unabhängig von der Dotierung denselben Wert haben muß (warum?) ist die nebenstehende Darstellung zwingend - die Austrittsarbeit Wn für n-Si und Wp für p-Si muß verschieden sein (um etwas weniger als die Bandlückenenergie). Das ist sie auch; noch haben wir kein Problem.
 
Konstruieren wir jetzt den pn-Übergang nach Rezept - aber unter Beibehaltung der Nulllinie - ergibt sich folgendes Bild.
 
Die Nullpunktslinie muß irgendwie geknickt sein. Das ist etwas seltsam, denn egal wo genau wir im Unendlichen sind, sie repräsentiert ja immer den Energiewert Null.
p-n-Übergang 
mit Nullpunktsenergie
Denn die Austrittsarbeit ändert sich nicht durch den Kontakt. Man muß sich nur zwei sehr lange Halbleiterstücke vorstellen: Die dem pn-Übergang abgewandten Enden "wissen" nichts vom Vorhandensein eines pn-Übergangs irgendwo weit weg; er kann keinen Einfluß auf grundlegenden Eigenschaften wie die Austrittsarbeit haben.
Das Bildchen verleitet jetzt aber zu einem kolossalen Fehlschluß: Man könnte nämlich vielleicht meinen, wir können jetzt ein Perpetuum Mobile bauen! Hier das "Rezept":
Ich bringe ein Elektron aus dem p-Halbleiter ins Unendliche, dazu muß man formal die Energie Wp hineinstecken  
Im Unendlichen verschiebe ich das Elektron um ein paar µm nach rechts - und das geht bergab; es sieht also so aus als müßte man bei naiv-üblicher Interpretation des Diagramms "bergab" Energie gewinnen???
Danach gebe ich es in den n-Teil zurück auf EF; verschiebe es ohne Arbeit zu leisten in den p-Teil und starte den Zyklus erneut. Jedesmal gewinne ich dabei die "Bergab" Energie im Unendlichen.    
 
Tu ich natürlich nicht. Wir haben nämlich keinen Energiegewinn wenn es im Unendlichen "bergab" geht, wir haben lediglich ein Darstellungsproblem.
Wir haben die Konstanz der Fermienergie so begründet, daß es einem Elektron energetisch egal ist, wo es sich aufhält. Dies bedeutet, daß in unserer Gleichgewichtsstruktur des Banddiagramms man Elektronen bei EF von n nach p oder andersherum ohne Energieaufwand verschieben kann.
Die Fermienergie ist aber nur eine abstrakte Bezugsgröße für das gesamte Ensemble der Elektronen. In unseren Halbleitern gibt es überhaupt gar keine Elektronen mit der Fermienergie!
Bei den real existierenden Elektronen (oder Löchern) im Leitungs- oder Valenzband, ist beim Übergang von n nach p die Energiebilanz deswegen auch nicht Null - dafür sorgt das elektrische Feld in der RLZ.
In unserem formalen System ist sie aber Null, denn unser fiktives "Bezugselektron" sitzt auf der Fermienergie. Damit man nun beim dem gedachten Kreisprozeß (von EF aus der p-Seite in Unendliche, von dort zurück auf EF in der n-Seite, und dann im Si zurück zum Anfang) keine Energie gewinnt und damit ein Perpetuum mobile betreiben könnte, müssen wir die "Kinke" im Unendlichen einbauen; sie entspricht der Energie die ein reales Elektron braucht (oder gewinnt) wenn es das elektrische Feld der RLZ duchläuft.
Der Energienullpunkt links und rechts unterscheidet sich dann für die fiktiven "Fermienergieelektronen" um diese elektrostatische Energie; für reale Elektronen aber ist er immer bei derselben Null.
Das Ganze wird vielleicht noch klarer (haha), wenn wir unseren Gedankenprozeß zum Perpetuum Mobile auf die Ausgangsituation von zwei isolierten, d.h. nicht im Kontakt stehenden n-Si und p-Si Stücke anwenden.
Ich muß Wn aufwenden, um ein Fermienergie-Bezugselektron aus dem n-Halbleiter ins Unendliche zu schaffen. Wenn ich es dann in den p-Halbleiter gebe, gewinne ich die Energie Wp = Wn + DEF. Insgesamt ein gutes Geschäft.
Das gilt auch noch mehr oder weniger für reale Elektronen im Leitungs- oder Valenzband. Der Energieaufwand bzw. -gewinn modifizert sich zwar um die jeweiligen Abstände der Fermienergie von den Bandkanten, aber ist immer noch vorhanden.
Aber der Prozeß kann so nicht fortgesetzt werden. Denn ich habe jetzt die n-Seite positiv geladen, die p-Seite negativ. Beim zweiten realen Elektron, das ich transferiere, muß ich jetzt zweimal Arbeit gegen das elektrische Feld (das sich bis ins Unendliche erstreckt ) verrichten: Einmal hin, und einmal zurück. Der reale Energiegewinn ist kleiner.
In einem Banddiagramm würde ich das berücksichtigen, indem ich die Bänder um das zur Ladung gehörende elektrostatische Potential verschiebe - relativ zur konstanten Nulllinie und Fermienergie. Die auf die Fermienergie bezogene Austrittsarbeit selbst ändert sich ja nicht; ich muß nur für reale Elektronen aus Leitungs- und Valenzband zusätzliche elektrostatische Energie aufbringen, um ein reales Elektron ins Unendliche zu bringen.
Irgendwann ist Gleichgewicht erreicht - nämlich sobald kein realer Energiegewinn mehr möglich ist, da die Aufladung so groß sind, daß die damit verbundenen elektrostatischen Energien die Differenz der beiden Austrittsarbeiten genau kompensieren. Das elektrische Feld der geladenen (weit voneinander entfernten) Halbleiter ist im Außenraum auch bis ins Unendliche spürbar.
Würden wir die beiden geladenen Halbleiter jetzt in Kontakt bringen, würden sich nur die Überschußladungen (über deren räumliche Verteilung wir keine Aussage machen mußten) so verschieben, wie es dem pn-Übergang im Gleichgewicht entspricht.
Aber das elektrische Feld ist jetzt im Inneren des Materials, im Außenraum ist (fast) nichts mehr. Die elektrostatische Energie in einem Kreisprozeß muß jetzt im Materialinneren aufgebracht werden.
Langer Rede kurzer Sinn:
Gleichgewicht für das System vieler Elektronen, charakterisiert durch eine überall konstante Fermienergie und ein energetisch Null ergebender Kreisprozeß für ein Elektron , lassen sich nicht ohne eine gewisse Inkonsistenz, eben eine "Kinke" in der Energienulllinie, in ein- und derselben Zeichnung darstellen.
Das bedeutet aber deshalb noch lange nicht, daß die Theorie inkonsistent ist. Es bedeutet nur - wie immer - daß man vorsichtig sein muß, aus Einzelfällen auf das Systemverhalten, auf die Mittelwerte oder Verteilungen zu schließen.
 

Warum kann man die Spannung einer Solarzelle messen?


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gehe zu 6.1.3 Bandverbiegung und Raumladungszone

gehe zu 6.2.1 Der pn-Uebergang

gehe zu 6.3.1 Bandstruktur des Halbleiter-Metall Kontakts

gehe zu 6.4.1 Solarzellen

© H. Föll (MaWi 2 Skript)