 | In der klassischen Physik, aber auch in
der Elektrotechnik oder Materialwissenschaft, wird oft mit komplexen Zahlen
gerechnet, obwohl alle berechneten (und letztlich auch immer meßbaren) Größen immer reell sind. |
|  | Es gibt in der klassischen Physik keine imaginären Energien, Orte,
Zeiten, Spannungen, Ströme usw.! Die Einführung komplexer Größen dient nur der Bequemlichkeit beim Rechnen. Im Endergebnis treten nur reelle Zahlen auf - im
Zweifel nimmt man vom Ergebnis nur den Realteil oder den Imaginärteil. |
 | In der Quantenmechanik ist das anders. Die konventionellen meßbaren Größen, die zwar letztlich immer als Endergebnis erscheinen, sind
zwar auch immer reell, aber die Wellenfunktion
selbst, manchmal auch die Zeit, ist oft eine intrinsisch
komplexe Zahl. |
|  | Das ist schwer zu akzeptieren, aber das waren die
irrationalen Zahlen auch. Pythagoras ließ einen
seiner Schüler, der behauptete, daß es irrationale Zahlen wirklich
gäbe, sogar hinrichten (heute ist es viel ungefährlicher, seinem Professor zu widersprechen). |
 | Obwohl komplexe Zahlen oft mit dem berühmten Mathematiker Gauss assoziiert werden, ist ihre Geschichte etwas älter. Insbesondere war Gerolama
Cardano von
großer Bedeutung . Er ist heute fast schon vergessen, seine Biographie aber ist so interessant, daß es
sich lohnt sie kurz darzustellen. |
 | Diese Seite wird die wesentlichsten Grundlagen der
komplexen Zahlen und ihre Nützlichkeit bei einigen Fragestellungen der klassischen Physik wiederholen. Die
wichtigsten Stichworte dazu sind |
|  | Definition und Eigenschaften
komplexer Zahlen; Gaußsche Zahlenebene. |
|  | Eulersche
Beziehung. |
|  | Einfache Beispiele zur Nützlichkeit der komplexen
Zahlen. |
|  | Ausblick auf komplexe Funktionen. |
 | | Weiterführende Informationen finden Sie auch in einem reinen Mathematik-Skript |
 | Real- und Imaginärteil |
|  | Komplexe Zahlen sind Zahlen der Form z = x + iy wobei
x und y reelle Zahlen sind. Die komplexen Zahlen stellen eine Erweiterung der reellen
Zahlenmenge dar. |
|  | Die imaginäre Einheit i
genügt der Gleichung i2 = –1. Daher gilt für die imaginäre Einheit i =
(–1)½. |
|  | Ist z = x +
iy, so ist Re(z) = x der Realteil und
Im(z) = y der Imaginärteil der komplexen Zahl
z. |
|  | Achtung: Nicht iy ist der Imaginärteil der komplexen Zahl
z, sondern nur die reelle Zahl y. |
| |
 | Zahlenebene |
|  | Eine komplexe Zahl z
= x + iy läßt sich in der Gaußschen
Zahlenebene durch einen Punkt P darstellen. Hierzu faßt man den Real- und den Imaginärteil
der komplexen Zahl z = x + iy als kartesische
Koordinaten des Punktes P in der x,y-Ebene auf. |
| |
 Darstellung einer komplexen Zahl durch einen Punkt in der Gaußschen Zahlenebene |
|
|  | In den Anwendungen werden komplexe Zahlen meist durch sog. Zeiger dargestellt. Dabei handelt es sich um einen Pfeil, der vom Ursprung des Koordinatensystems zum Bildpunkt P(z) gerichtet
ist. |
|  | Zeiger werden oft durch
Unterstreichen gekennzeichnet: z = x + iy. Das führt aber zur
Verwechslungsgefahr mit Vektoren, die zumindest in HTML auch durch unterstreichen dargestellt werden - und Zeiger sind
zwar Pfeile, aber keine Vektoren! |
| |
 Darstellung einer komplexen Zahl durch einen Zeiger in
der Gaußschen Zahlenebene. | Hier ist
zur Abwechslung mal das In der Elektrotechnik gebräuchliche Symbol j für
die imaginäre Einheit gezeigt. |
|
|  | Achtung: Der Zeiger
z ist eine geometrische Darstellung der komplexen Zahl z und nicht mit einem
Vektor zu verwechseln! |
| |
 | Konjugiert
komplexe Zahlen; Betrag oder Modulus |
|  | Die komplexe Zahl z* = x
– iy ist die zu z = x + iy konjugiert komplexe Zahl. |
|  | Die zu einer komplexen Zahl
konjugiert komplexe Zahl erhält man durch einen Vorzeichenwechsel im
Imaginärteil von z, während der Realteil unverändert bleibt: |
|  | Re(z*) = Re(z) und Im(z*) = – Im(z)
|
 | Die Entstehung der konjugiert komplexe Zahl z* läßt sich
in der Gaußschen Zahlenebene durch Spiegelung der komplexen Zahl
z an der reellen Achse veranschaulichen. |
| |
 Komplexe Zahl und die zu ihr konjugiert komplexe
Zahl in der Gaußschen Zahlenebene |
|
|  | Unter dem Betrag
|z| der komplexen Zahl z = x + iy versteht man die Länge des zugehörigen Zeigers in der Gaußschen Zahlenebene: |
| |
|
|  | Statt Betrag sagt man auch
Absolutbetrag oder Modul. |
| | |
 | Die Eulersche Beziehung ist eine der wichtigsten und merkwürdigsten Gleichungen der Mathematik. Sie
verkoppelt 5 der wichtigsten Zahlen die es gibt, nämlich 0, 1, i, p und
e! Mehr darüber findet sich in spannender Form in den Feynman
Lectures. Wir brauchen sie für alternative Darstellungen komplexer Zahlen. |
|  | Die Form z =
x + iy bezeichnet man als Gaußsche
oder kartesische Darstellung einer komplexen Zahl.
Daneben existieren noch zwei weitere Darstellungsformen: die trigonometrische Form
und die Eulersche Form. |
|  | In der trigonometrischen Form wird eine komplexe Zahl über ihre Polarkoordinaten r und j festgelegt: |
| |
|
|  |
Mit r Î [0, ¥], j Î [p, –p] |
|  | Hierbei gilt: |
| |
r | = | Betrag von z | |
| | j | = | Argument,
Winkel oder Phase von z |
|
|
 | Mit Hilfe der Transformationsgleichungen x = r · cosj und y = r
· sinj kann man eine komplexe Zahl aus der kartesischen Form in die
trigonometrische Form überführen. |
| |
 Veranschaulichung der trigonometrischen Form einer komplexen Zahl |
|
|  |
Der Übergang von der komplexen Zahl z zu der konjugiert komplexen Zahl
z* entspricht in der trigonometrischen Darstellung einem Vorzeichenwechsel im Argument
j während der Betrag der komplexen Zahl konstant bleibt:. |
| |
z | = | r · (cosj + i · sinj) | | | | z* | = | r · ( cos –j + i · sin –j) | | | | |
= | r · (cosj – i
· sinj) |
|
|
|  |
Verwendet man die von Euler stammende
Formel |
| |
|
|  |
so erhält man aus der trigonometrischen Form die Eulersche Form einer komplexen Zahl: |
| |
|
|  |
Diese Schreibweise einer komplexen Zahl ist besonders vorteilhaft beim Ausführen von Multiplikationen und
Divisionen. |
|  | Die zu z = r·eij gehörende konjugiert komplexe Zahl z* lautet in
Eulerscher Form |
| |
z* | = | [r · eij]* = r · e ij |
|
|
 | Addition, Subtraktion, Multiplikation und Divison von
komplexen Zahlen in verschiedenen Darstellungsformen: |
 | Addition und Subtraktion komplexer Zahlen in kartesischer Form: |
|  | Komplexe Zahlen können nur in kartesischer Form
addiert/subtrahiert werden. Dies geschieht indem man ihre Realteile addiert/subtrahiert und ihre Imaginärteile addiert/subtrahiert. |
| |
z1 + z2 | = |
(x1 + iy1) + (x2 +
iy2) = (x1 + x2) + i
· (y1 + y2) | | | |
z1 – z2 | = |
(x1 + iy1) – (x2 +
iy2) = (x1 – x2) +
i · (y1 – y2) |
|
|
 | Multiplikation, Division und Potenzen
komplexer Zahlen |
 | Multiplikation in kartesischer Form |
 | Es gelten die üblichen
Multiplikationsregeln für Klammerausdrücke; danach muß nach Real- und Imaginärteil sortiert
werden: |
| |
z1 · z2 | = | (x1 +
iy1) · (x2 + iy2) =
(x1x2 – y1 y2)
+ i (x1y2 + x2
y1) |
|
|
 | Multiplikation in trigonometrischer Form |
|  | Für die Ausführung von Multiplikationen erweist sich die trigonometrische Form oft als
vorteilhafter als die kartesischer Form. Die sture Durchmultiplikation ergibt zunächst |
| |
z1 · z2 | = | r1 ·
(cosj1 + i sinj1) ·
r2 · (cosj2 + i sinj2) | | | |
| = | (r1 · r2) · [(cos(j1 + j2) + i ·
sin(j1 + j2)] |
|
|
|  | Dies läßt sich zusammenfassen zu einem klaren
Bildunggesetz : |
| |
z1 · z2 | = | z |
= | r1 · eij1
· r2 · eij2 |
| | | | | | | |
= | (r1 · r2) · ei · (j1 + j2) |
|
|
 | Division komplexer Zahlen in kartesischer Form: Mühsam, aber klar. |
| |
z1 z2 | = |
x1 + iy1 x2 +
iy2 | = | x1x2+
y1 y2 x22 +
y22 | + | i · (x2 ·
y1 – x1 · y2)
x22 + y22 |
|
|
|  | Division komplexer Zahlen in
trigonometrischer Form ist einfach und elegant. |
| |
z1 z2 | = |
r1 · (cosj1 + i sinj1) r2 · (cosj2 + i sinj2) | = |
r1 r2 | · [(cos(j1 – j2) + i ·
sin(j1 –j2)] |
z1 z2 | = | r1 ·
eij1 r2 ·
eij2 | = | r1 r2 | · ei(j1
j2) | |
|
|
 | Potenzen und Wurzeln einer komplexen Zahl. |
|  | Wendet man die
Potenzgesetze auf z = r · eij an, so
erhält man die Moivre-Formel, welche angibt, wie man die n-te Potenz
einer komplexen Zahl berechnet: |
| |
zn | = | rn ·
ei n · j | = |
rn · (cos n · j + i sin n
· j) |
|
|
|  | Aus der Moivre-Formel läßt sich außerdem eine Formel zum
Berechnen der n-ten Wurzel einer komplexen Zahl herleiten. z hat
genau n verschiedene n-te Wurzeln w0 bis wn–1, die folgender
Gleichung genügen |
| |
wk | = | r1/n · |
æ ç è | cos | j + 2kp n | + | i · sin | j + 2kp n |
ö ÷ ø |
|
|
 | Natürlicher
Logarithmus einer komplexen Zahl. |
|  | Um den natürlichen Logarithmus einer komplexen Zahl
berechnen zu können, ist es von Vorteil von der (erweiterten) Exponentialform z = r ·
ei · (j + 2k · p) der komplexen
Zahl auszugehen, also eine "Phase" einzubauen. Daraus folgt |
| |
ln z | = | ln [r · ei(j + 2k · p)] | |
| | | = | ln
r + ln ei(j + 2k ·p) | | | | |
= | ln r + i · (j + 2k
· p) |
|
|
 | Zunächst brauchen wir die Darstellung
sinusförmiger Schwingungen mit Hilfe komplexer Zeiger |
|  | y(t) = A · sin(wt + j) beschreibt eine sich mit der Zeit sinusförmig
verändernde Größe (Schwingung). |
|  | Dabei ist A ist die Schwingungsamplitude, w = 2pf die Kreisfrequenz und j die Phase oder der
Nullphasenwinkel. |
|  | Die harmonische Schwingung
y(t) läßt sich durch einen komplexen Zeiger in der Gaußschen Zahlenebene
darstellen. Der komplexe Zeiger besitzt die Länge A und rotiert im mathematisch positiven Drehsinn
mit der Winkelgeschwindigkeit w um den Ursprung des Koordinatensystems. |
| |
 Darstellung
eines harmonischen Schwingers durch einen rotierenden Zeiger |
|
|  | Zum Zeitpunkt t = 0
schließt der Zeiger y mit der Bezugsachse (positive reelle Achse) den Nullphasenwinkel
j ein. |
|  | In der Zeit t überstreicht der Zeiger den Winkel wt. Die Lage des Winkels in der Gaußschen Zahlenebene läßt sich durch
die zeitabhängige komplexe Zahl darstellen: |
| |
y | = | A · [ cos(wt + j) + i · sin(wt +j)] | | | | | = | A ·
eij · eiwt |
| | | | = | A · eiwt |
|
|
|  | Dabei ist |
| |
A = A·eij | komplexe
Amplitude (zeitunabhängig) | eiwt | Zeitfunktion |
|
|  | Die komplexe
AmplitudeA ist zeitunabhängig; sie hat den Betrag |A| = A und den
Phasenwinkel j, welcher den Anfangswinkel des Zeigers festlegt. |
|  | Die Zeitfunktion eiwt beschreibt die Rotation des Zeigers mit der Winkelgeschwindigkeit w . |
|  | Der
Imaginärteil des rotierenden Zeigers y entspricht dem Momentanwert der Sinusschwingung y(t) und damit der Projektion des
Zeigers auf die Imaginärachse zum Zeitpunkt t. |
|
|
y(t) | = | Im[A · eiwt] = A · sin(wt + j) |
|
|
 | Die Überlagerung zweier gleichfrequenter Sinusschwingungen in komplexer Darstellung zeigt
nun wie praktisch diese Betrachtungsweise ist: |
|  | Gegeben sind zwei Schwingungen gleicher Frequenz aber verschiedener Phase |
| |
y1 | = | A1 · sin(wt +j1) | |
| | y2 | | A2 · sin(wt + j2) |
|
|
|  | Die ungestörte Überlagerung
dieser Schwingungen ergibt nach dem Superpositionsprinzip eine Schwingung y gleicher Frequenz, aber mit
zunächst unklarer Amplitude und Phase, d.h. y = y1 + y2 =
A? · sin(wt +?). |
 | Man kann das natürlich mit den trigonometrischen Funktionen ausführen,
aber die Amplitude A und die Phase ? der resultierenden Schwingung
berechnet man weit einfacher in komplexer Schreibweise als mit sin und cos Funktionen - insbsondere wenn
wir mehr als zwie Schwingungen überlagern. |
|  | Dazu stellt man die Schwingungen y1 und y2 durch
komplexe Zeiger dar: |
| |
y1 | ® |
y1 = A1 · eiwt | | | |
y2 | ® |
y2 = A2 · eiwt |
|
|
|  | Für die komplexen
Schwingungsamplituden A1 und A2 gilt: |
| |
A1 | = | A1 ·
eij1 | | | | A2 | = | A2 · eij2 |
|
|
|  | Anschließend überlagert man die
komplexen Einzelschwingungen y1 und y2 durch schlichte
Addition. Es folgt für y: |
| |
y | = | A1 ·
eiwt + A2 · eiwt | | | |
| = | (A1 +
A2) · eiwt |
| | | | = | A · eiwt |
|
|
|  | Für die resultierende komplexe
Amplitude gilt daher |
| |
|
|  | Die gesuchte Schwingung (der zeitabhängige Teil) y entspricht dem Imaginärteil
der berechneten komplexen Schwingung y. Daher gilt: |
| |
y | = | Im(y) = Im(A
· eiwt) | | | | | = | A · sin(wt). |
|
|
 | Das war eine einfache Überlagerung
zweier Schwingungen. Es ist einleuchtend, daß bei komplizierteren Problemen die komplexe Darstellung enorme
Vorteile hat. |
| |
 |
Schwingkreise in der Elektrotechnik |
| | In der Wechselstromtechnik geht man von
sinusförmigen Strom- und Spannungsverläufen aus. Daher ist es möglich, Stom und Spannung als komplexe
Zeiger in der Gaußschen Ebene zu betrachten |
| |
u | = | 2½ · U ·
ejwt | | | |
i | = | 2½ · I ·
ejwt |
|
|
|  | Den Quotienten aus der komplexen Spannung
u und dem komplexen Strom i (Achtung! Hierist, wie
in der Elektrotechnik üblich i = Strom und j = (–1)½) bezeichnet
man als Impedanzoder Scheinwiderstand Z |
| |
|
|  | Für einen (ohmschen) Widerstand
R gilt: u = R·i. Daher besitzt ein ohmscher Widerstand die
reelle Impedanz ZR = R. |
|  | Für eine Kapazität C gilt der folgende Zusammenhang zwischen Strom und
Spannung: |
| |
|
|  | Damit erhält man für die
Impedanz der Kapazität C folgenden Wert |
| |
|
|  | Aus dem Induktionsgesetz erhält man
folgenden Zusammenhang zwischen u und i für eine Induktivität L. |
|
|
|
|  | Daraus ergibt sich folgende rein imaginäre Impedanz Z L für die
Induktivität |
| |
|
 | Mit Hilfe dieser Impedanzen lassen sich
Wechselstromkreise einfach berechnen. Dazu betrachten wir als Beispiel folgenden
Reihenschwingkreis aus einem Widerstand R, einer Induktivität L und einer
Kapazität C: |
| |
RLC-Reihenschwingkreis |
|
|  | Nach den Kirchhoffschen Regeln erhält
man die Gesamtimpedanz Z des Wechselstromkreises durch Addition der
Impedanzen der drei Bauteile |
| |
Z | = | R + j · w
· L + | 1 j · w · C
| = | R + j · | æ ç
è | w · L – | 1 w · C | ö ÷
ø |
|
|
|  | Die folgende Abbildung zeigt die Lage der
Gesamtimpedanz Z im Zeigerdiagramm, die sich aus der graphischen Addition der einzelnen Zeiger ergibt: |
| |
 Zeigerdiagramm des Wechselstromkreises in Reihenschaltung |
|
|  | Der Wirkwiderstand der Reihenschaltung ist der Realteil der
Impedanz Z ; Re (Z ) = R. |
|  | Der Blindwiderstand der Reihenschaltung ist der Imaginärteil der Impedanz Z
; Im (Z ) = wL – 1/wC. |
|  | Der reelle Scheinwiderstand Z ist der Betrag des
komplexen Vektors Z. Die Phasenverschiebung j = j u - j i zwischen Spannung und Strom
läßt sich berechnen zu |
| |
j | = arctan | X R
| = arctan | æ ç è | w · L – 1/wC
R | ö ÷ ø |
|
|
|  | Das Verhältnis von Z
L zu Z C bestimmt die Größe von j und damit ob der Strom der Spannung nacheilt, ob die Spannung dem Strom nacheilt oder ob im
Resonanzfall Strom und Spannung in Phase sind. |
| | |
 | Hat man erst mal komplexe Zahlen mit all ihren Darstellungsarten und
Rechenregeln, lassen sich natürlich jetzt auch Funktionen mit komplexen
Variablen definieren. |
|  | Damit ist ein
großes und (auch für die Materialwissenschaft) sehr wichtiges Gebiet der Mathematik definiert, die Funktionentheorie. |
|  | Es ergeben sich völlig neue und wunderbare Beziehungen, eine davon wollen wir uns mal genauer
anschauen. Dazu betrachten wir die Lösungen der Poisson
Gleichung, der Grundgleichung der Elektrostatik, die uns in der Halbleiterei laufend begegnen wird. |
 |
Die Poisson-Gleichung der Elektrostatik lautet: |
| |
DF(x,y,z) |
= – | r(x,y,z) ee0 |
|
|
|  | Mit D =
Delta operator (¶2/¶x2
+¶2/¶y2 + ¶2/¶z2), F(x,y,z) = elektrostatisches Potential, r(x,y,z) = Ladungsverteilung im Raum |
|  | In zwei
Dimensionen ist die Poissongleichung ein Spezialfall eines allgemeinen Typs von Differentialgleichungen der sehr
häufig vorkommt: der Laplace Gleichung |
| |
|
|  | - immer unter der Bedingung, daß
F die spezifischen Randbedingungen erfüllt, auf irgendeiner Oberfläche
konstant zu sein. Elektrostatisch heißt das z.B. einfach nur, daß die Oberfläche eines Leiters eine
Äquipotentialfläche sein muß. Die Laplace - Gleichung ist damit eine typische Grundgleichung für
viele Randwertprobleme. |
 | Es
gibt keinen einfachen Weg um die Laplace - Gleichung (zusammen mit der spezifischen Randbedingung) zu lösen.
Analytisch klappt es nur für relativ einfache Oberflächen. |
 | Jezt
betrachten wir mal eine beliebige komplexe Funktion f(z) mit der
komplexen Variablen z = x + iy (und i ist wieder die imaginäre Einheit). |
|  | Zum Beispiel |
| |
f(z) | = | was immer einem einfällt |
|
|
|  | Für das erste Beispiel haben wir
ausgeschrieben |
| |
|
|  | Setzen wir eine komplexe Zahl mit dem
Wertepaar (x, y) ein, erhalten wir als Funktionswert eine neue komplexe Zahl. |
 | f(z) läßt sich also auch immer
schreiben als |
| |
f(z) | = | U(x, y) + i · V(x, y) |
|
|
|  | d.h. analog zur Darstellung der komplexen
Zahl als Summe aus einer Funktion U die von zwei reellen Variablen x,
y abhängt plus i mal eine andere Funktion V, die
ebenfalls von den reellen Variablen x, y abhängt. |
 | Das
ist natürlich verallgemeinerbar: Alle komplexen Funktionen lassen sich so
darstellen! |
|  | Wir können also eine
beliebige uns bekannte oder auch nur schreibbare Funktion f(x) nehmen, statt x die komplexe
Zahl z substitutionieren, und - nach kürzerer oder länglicher Rechnung - damit zwei reelle Funktionen generieren: U(x,y) und V(x,y). |
|  | Und nun zum Überraschungseffekt: |
|  | Jede dieser unendlich vielen Funktionen U(x,y) und V(x,y) ist eine Lösung der Laplace
Gleichung! |
|  | Wir wissen nur nicht, zu
welchem konkreten Randwertproblem! |
 | Den Beweis für diese Behauptung
überlassen wir der Mathematik. Es sollte aber klar geworden sein, daß Funktionen komplexer Variablen
für Überraschungen gut sind. |
|  | Leicht verrückt: Wir kennen die Antwort - aber nicht die Frage! Wer das Kultbuch (so in den
neunziger Jahren) "The Hitchhikers Guide to the
Galaxy" von Douglas Adams (der in diesem Jahr
(2001) gestorben ist) gelesen hat, wird sich jetzt fragen, ob Adams die Funktionentheorie kannte, denn das Buch
(genauer gesagt alle 4 Bücher der Trilogie(?)) dreht sich genau um diese Frage: |
|  | Die Antwort zu den letzten Fragen bezüglich des
Leben, des Universums und überhaupt und so, ist bekannt; sie lautet: 42. Nur die genaue Frage ist
offen. |
| | |
© H. Föll (MaWi 1 Skript)