Entstehung der Atome

Was uns das Leben auf der Erde ermöglicht ist nicht nur die konstant Energiezufuhr durch die Sonne, sondern auch schlicht und ergreifend das Vorhandensein vieler Atomsorten.
Zwar bräuchten wir nicht unbedingt alle 92 Elemente des Periodensystems, aber doch eine ziemlich große Teilmenge daraus. Auf die meisten Isotope könnte wir verzichten; aber dafür ist es meistens auch ziemlich egal welche vorliegen - solange sie nur stabil sind.
Woher stammen die Atome, aus denen sich die Erde zusammensetzt? Das Sonnensystem? Die Galaxis, oder gleich das ganze (sichtbare) Universum?
Außer denen die schon das sind, werden ja (nach derzeitigem Dogma) keine neuen gemacht (die aus Kernfusionen und -spaltungen hervorgehenden neuen Sorten sind ja nicht wirklich neu gemachte Atome sondern nur umgewandelte alte).
Die Antwort, soweit man sie geben kann, ist extrem spannend:
Der "Urknall", auf Englisch "Big Bang", hat vor rund und roh 15 Milliarden Jahren eigentlich nur Wasserstoff (H; ca. 75%) und Helium (He; ca. 25% produziert, und noch Spuren von Li. Außerdem einen Haufen Photonen und "irgendwie" die numerischen Werte der Naturkonstanten. Vielleicht auch noch extrem obskure "dunkle Materie" ("Dark Matter"), aber darüber ist nichts bekannt außer, dass noch was mit Masse im Universum vorhanden sein sollte damit die astronomisch beobachtete Gravitationsbilanz aufgeht.
Aber H und He reichen völlig aus, um erste Galaxien und Sonnen entstehen zu lassen. Die Sonnen fusionierten dann Wasserstoff zu (mehr) He, aber als die H- Dichte zu klein wurde, dann auch das He und so weiter zu den schwereren Elementen.
Irgenwann explodieren dann einige Sonnen als Supernova, und die ganze "Asche", die jetzt alle Atomsorten enthält (und immer noch überwiegend Wasserstoff), driftet durchs Universum. Irgendwann bilden sich dann daraus neue Sonnen, und mit Glück auch mal eine mit Planeten die für Kohlenstoff basiertes Leben geeignet sind.
Also bestehen wir komplett aus Sternenstaub!
Allerdings gibt es mit diesem einfachen Bild zwei Probleme:
1. Es ist vielleicht purer Schwachsinn. Einen Urknall hat es nie gegeben, sondern "was anderes" - das Spektrum dazu reicht von wissenschaftlich fundierten Alternativen über zahlreiche Mythen bis zu knallharten "Creation" Modellen der fundamentaleren Spielarten diverser Religionen. Ein kurzer Blick ins Internet zum Stichwort "big bang" wird Material ohne Ende produzieren.
2. Auch im Rahmen des Standard "Big Bang" Modells gibt es ein besonderes physikalisches Problem: Die Fusion zweier Atome läuft mit Energiegewinn allenfalls bis zum Fe und vielleicht noch Ni, für höhere Atomgewichte funktioniert das nicht mehr. Aus Plutonium- und Uranatomen kann man bekanntlich Energie durch Spaltung gewinnen, also müßte man für die Synthese über Fusion Energie hineinstecken.
Damit haben wir aber schon mal ganz zwanglos verstanden, warum es so wahnsinnig viel Fe gibt (immerhin besteht die Erde im wesentlichen aus Fe; was wir wahrnehmen (die "Erdkruste") ist ja nur eine Art Schlacke, die auf dem flüssigen Fe/Ni Kern schwimmt): Fe hat einfach den stabilsten Atomkern - alle Fusions- oder Fissionsreaktionen enden früher oder später beim Fe.
Da einige Alternativmodelle grundsätzlich nicht widerlegbar sind (was zwar noch lange nicht heißt, dass sie wahr sind, aber sehr wohl, dass sie damit nicht Objekt der Wissenschaft sein können), bleiben wir bei den Grundzügen des Big Bang Modells, und haben damit das Problem, die Entstehung der Elemente schwerer als Fe zu erklären.
Dafür nehmen wir Supernovas, also besonders dicke Sonnen. Sie produzieren "so nebenbei" auch mal schwerere Elemente solange sie noch brennen, richtig große Mengen aber sobald sie explodieren. Denn dabei wird soviel Energie frei, dass es auch zum gewalttätigen Zusammenbacken von leichteren Atomen noch langt.
Bleibt nur noch ein philosophisches Problem: Alle einfachen Fusionsprozesse, die als Endprodukt Kohlenstoff (und damit auch alles darüber) produzieren, sind extrem unwahrscheinlich.
Hier ein Zitat dazu:
The synthesis of carbon--the vital core of all organic molecules--on a significant scale involves what scientists view as an astonishing coincidence in the ratio of the strong force to electromagnetism. This ratio makes it possible for carbon-12 to reach an excited state of exactly 7.65 MeV at the temperature typical of the centre of stars, which creates a resonance involving helium-4, beryllium-8, and carbon-12 — allowing the necessary binding to take place during a tiny window of opportunity 10-17 seconds long.
Kohlenstoff gibt es also nur, weil eine Naturkonstante genau den "richtigen" Wert hat.
Die Behauptung, dass alle Naturkonstanten gerade den "richtigen" Wert haben, und dass schon kleine Änderungen der Zahlenwerte Leben wie wir es kennen unmöglich machen würde, ist bekannt als "Anthropic principle".
Darüber kann man natürlich heftig philosophieren (und sich streiten). Ein Blick ins Internet (oder in die "Bibel" des Anthropic principles) macht durchaus Spaß.
Man kann statt Anthropic principle aber auch "anthropic coincidence" sagen, und damit herausstellen, dass in einem Universum, dessen Naturkonstanten Leben wie wir es kennen nicht zulassen, halt niemand da sein wird, um diesen Fakt zu bemerken. Da wir nun mal da sind (nur richtige "Denker" werden das eventuell bezweifeln), brauchen wir uns nicht zu wundern, dass wir Naturkonstanten mit den "richtigen" Werten finden.
Auch einleuchtend, nur ein bißchen unökonomisch im Verbrauch von Universen: Falls unseres zufällig mit den richtigen Werten entstanden ist, müßte es noch ziemlich viele mit anderenWerten geben. Denn dass einmal Würfeln gleich hinhaut, ist ja auch nicht so wahrscheinlich.
 

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© H. Föll (MaWi 1 Skript)