6.7.2 Was man wissen muss

Wir kennen die Begriffe "Feldstärke" und "Stromdichte"; außerdem haben wir ein Gefühl für die Größenordnung der Höchstwerte und Klarheit darüber, dass ein Dielektrikum nur Feldstärke "spürt", nicht Spannung. Wir wissen, was e r (oder "DK") bedeutet, zumindest in einem Plattenkondensator.
Wir kennen die Bedeutung der Dielektrika – von Isolierungen über Kondensatoren bis zur Optik. Dazu gehört die Grundgleichung für den Brechungsindex n2 = er.
Als Besonderheiten kennen wir noch den Zusammenhang zwischen Dielektrika und der die "Mikrowelle " sowie Spezialtäten wie piezoelektrische Materialien.
Wir kennen die grunsätzlichen Antworten zu den drei Hauptfragen:
  1. Wie groß ist die Durchschlagsfestigkeit und durch was wird sie bestimmt? Þ (0,1 . . . 10) MV/cm. Es gibt mehrere Mechanismen, z.B. Lawinendurchbruch.
  2. Was bestimmt e r? Þ Polarisationsmechanismen : Grenzflächen-, Orientierungs-, Ionen- und Elektronenpolarisation (letztere = Atompolarisation).
  3. Was bestimmt die Frequenzabhängigkeit von er(w)? Þ Resonanz oder Relaxation.
Wir kennen und verstehen die Grundgleichungen:
Elektrisches Dipolmoment

(x ist der Abstands-
vektor von der
negativen zur
positiven Ladung;
in der Skizze
rechts ist |x| gezeigt)
m  =  q · x
Sign of dipole moment
Polarisation des Materials
P  =  S m
V
  =  <m > · N V
Sinnvolles
Materialgesetz
P   =  e 0 · c · E
Sinnvolle neue
Materialkonstante
c   =  dielektrische Suszeptibiltät
Alte
Materialkonstante
er    =  c + 1
Beziehung D Û P
D  =  e0 · E  +  P
Wir wissen, welche Materialien intrinsische elektrische Dipole haben und welche nicht. Wir können das z. B. für Wasser und NaCl auch skizzieren – inkl. der Polarisation mit und ohne Feld.
Das Ersatzschaltbild eines idealen und realen Dielektrikum (für DC oder kleine Frequenzen) ist bekannt, wir können den (Verschiebungs-)Strom hinschreiben und begründen, warum das auf eine komplexe DK e = e' – ie '' führt.
Wir verstehen insbesondere, warum der Imaginärteil –e'' die Wirkleistung beschreibt und damit die dielektrischen Verluste.
Soweit die drei Hauptmechanismen der Polaristion betroffen sind, wissen wir:
Bei der Atom- bzw. Elektronenpolarisation verschiebt das elektrische Feld die Ladungsschwerpunkte der Elektronenhülle relativ zum Atomkern. Der Effekt ist sehr schwach für Kugelsymmetrie (z. B. Edelgasatome; e » 1), aber stark für gerichtete Bindungen (z. B. Si und andere Halbleiter: e » 10 . . . 20).
Bei der Orientierungspolarisation drehen sich vorhandene Dipole etwas in Feldrichtung; damit kann sie nur bei Flüssigkeiten autreten. Orientierungspolarisation verursacht e » 80 bei Wasser (und steckt hinter dem Wirkprinzip der "Mikrowelle").
Bei der Ionenpolarisation werden die vorhandenen Dipole in polaren Kristallen abwechselnd etwas kleiner oder größer, der Nettoeffekt verursacht die DK.
Die Frequenzabhängigkeit der DK resultiert aus der Tatsache, dass bei jedem Polarisationsmechanismus Massen bewegt werden müssen, um Polarisation zu erzeugen, und das geht nicht beliebig schnell.
Wir kennen die 2 relevanten Mechanismem: Resonanz und Relaxation. Wir können sie den drei Polarisationsmechanismen zuordnen
Wir können die komplette Bewegungsgleichung für Resonanz hinschreiben und diskutieren. Wir kennen insbesondere die Formel für die Resonanzfrequenz w0 (ohne Dämpfung):
m · d2x
dt2
 +  kR · m · dx
dt
 +  kF · x   =  q · E0 · cos(wt)

w0  =  æ
ç
è
kF
m 
ö
÷
ø
1/2
Wir wissen insbesondere auch, dass die Federkonstante k F direkt mit dem Elastiztitätsmodul Y (oder E) verknüpft ist (k Fed = E · r0 mit r0 = Bindungsabstand oder ungefähr "Gitterkonstante" a) und damit dielektrische Eigenschaften mit mechanischen verknüpft sind.
Damit wissen wir, dass Resonanz bei der ionischen Polarisation um 1013 Hz auftritt; bei der Elektronenpolarisation liegt sie um 1015 Hz, also im optischen Teil des Spektrums.
Wir wssen, warum die resonanten Mechanismen in Kristallen stark gedämpft sind, und wir können das Prinzipbild für die komplexe Amplitude nach Real- und Imaginärteil getrennt skizzieren:
Complex amplitudes of harmonic oscillator
Der Mechanismus der Relaxation gehört zur Orientierungspolarisation. Nach Abschalten des elektrischen Felds haben die etwas ins Feld orientierten Dipole zu viel freie Energie (da zu wenig Entropie); wir beobachten das generelle Verhalten des Zerfalls angeregter Zustände.
Wir wissen, wie das aussieht und wie die generelle Formel dazu lautet:
P(t)   =   P0 · exp (– t
t
)
Dipolrelaxation
Wir wissen, wie man von einer Zeitfunktion per Fouriertransformation zu einer Frequenzfunktion kommt; wir müssen aber nicht wissen, wie das exakt geht. Allerdings kennen wir das Ergebnis in graphischer Form:
Debye equatin
Damit können wir:
  • den Real- und Imaginärteil der dielektrischen Funktion für ein fiktives Material, in dem alle Mechanismen vorliegen, qualitativ zeichen und die wichtigen Frequenzen in ungefähren Zahlen den diversen Prozessen und Polarisationsmechanismen zuordnen;
  • begründen, warum es so ein Material nicht geben kann;
  • die Polarisationsmechanismen und ihre Frequenzabhängigkeit etwas detaillierter erläutern.
Soweit die Optik betroffen ist, wissen wir, wo sie in der ET&IT eine große Role spielt: optische Kommunikation (Laser, Glasfaser, Photodioden, ...), LEDs, Displays, Solarzellen, ...
Der Zusammenhang mit Dielektrika ergibt sich aus der schlichten Formel: (komplexer Brechungsindex)2 = dielektrische Funktion.
Wir können die grundsätzliche Fragestellung der Optik skizzieren und mit Real- und Imaginärteil des komplexen Brechungsindex verbinden.
Þ In der (komplexen) dielektrischen Funktion eines Materials stecken alle elektrischen und optischen Eigenschaften des Materials.
Falls wir wirklich gut sind, können wir noch folgende Begriffe plus wichtige Anwendungen erläutern:
  • Piezoelektrische Materialien.
  • Ferroelektrische Materialien.
  • Elektrete.
  • Pyroelektrizität.
   
Zahlen und Formeln
   
Unbedingt erforderlich:
Anmerkung: In der Regel reichen "Zehner"-Zahlen. Genauere Werte sind in Klammern gegeben.
Zahlen neu
Größe   Zehnerwert Besserer Wert
       
Durchschlagsfestigkeiten Emax  »   (0,1 . . . 10) MV/cm » 15 MeV/cm (Limit)
     
Maximale Stromdichten jmax  »  (103 . . . 105) A/cm2  
     
Einige Dielektrizitäts-
konstanten e r
  er(H2O) » 80
er(SiO2) » 3,7
er(Halbleiter) » 10 . . . 20
       
"Interessante" Frequenzen   » 10 GHz: Relaxation H2O
» 1013 Hz: Resonanz Ionenpolarisation
» 1015 Hz = "Optik": Resonanz Elektronenpolarisation
     
    Daten Licht:
Wellenlänge
Frequenz
Energie

  »  
  » 
  »  

1 µm
1014 Hz
1 eV

500 nm
5 · 1014 Hz
2,5 eV
Zahlen alt
Größe   Zehnerwert Besserer Wert
       
Avogadrokonstante   1024 mol–1 6 · 1023 mol–1
       
Bildungs- und Wanderungs-
energie Leerstelle
 »  1 eV ca. (0,5 . . . 5) eV
       
(kBT)RT   »   1/40 eV = 0,025 eV
       
Typische Gitterkonstante a  »  1 Å = 0,1 nm 2 Å . . . 5 Å
       
Größe eines Atoms (Durchmesser)  »  1 Å = 0,1 nm 1 Å . . . 3 Å
       
Photonenenergie (sichtbares) Licht  »  1 eV (1,6 . . . 3,3) eV
       
Schwingungsfrequenz Atome
im Kristall
 »   1013 Hz  
Formeln neu
Größe Formel
Dielektrische Größen
m  =  q · x

P  =  S m
V
  =  <m> · N V

er    =  c + 1
   
Schwingungsgleichung
und
Resonanzfrequenz
m · d2x
dt2
 +  kR · m · dx
dt
 +  kF · x   =  q · E0 · cos(wt)

w0'  =  æ
ç
è
kF
m 
ö
÷
ø
1/2
   
Komplexer Brechungsindex
n* =  n + ik
(n + ik) 2  =  e' – i · e''
   
Blindleistung LB
Wirkleistung LW
L B  =  w · e ' · E2
LW  =  w · e'' · E2
Formeln alt
   
Entropie S
Si  =   kB · ln pi
   
Freie Energie G
G  =   UTS
   
Stirling-Formel
ln x!  »   x · ln x
   
Dichte Teilchen bei E
(w(E): Besetzungswahrscheinlichkeit)
n(E)  =  D(E) · w(E) · dE
   
Boltzmann-Näherung an
Fermiverteilung f(E)
für EEF >> kBT
f(E)  »   exp( EEF
kBT
)
   
Boltzmannfaktor (Wahrscheinlichkeit für E)
exp[–E/(kBT)]
   
Boltzmannverteilung
(E0: Grundzustandsenergie)
n(E)
n(E 0)
 =  exp( EE0
kBT
)
   
Leerstellenkonzentration
(EV F: Bildungsenergie)
cV  =  exp[–E VF/(kBT)]
   
Sprungrate r atomarer Defekte
(EM: Wanderungsenergie)
r  =  n0 · exp[–EM /(kB T)]
   
Diffusionsstromdichte jDiff (Vektor!)
jDiff  =  D Ñn
   
Diffusionslänge L
L  =  (D t)½
   
Coulombpotential
UCoul  =   e2
4p · e0 · r
   
Beziehung Kraft F(r) — Potential U(r)
F( r )  =   ÑU( r )
   
Mech. Spannung s, Dehnung e , E-Modul E
s  =  F
A
e   =   l(s)  –  l 0
l0
E   =   ds
d e
   
Innere Energie pro Freiheitsgrad
(Gleichverteilungssatz; einzelnes Teilchen)
UFreiheitsgrad  =  ½kBT
   
Mittlere thermische Energie
eines klassischen Teilchens
(innere Energie; Def. der Temperatur)
UTeilchen  =  ½f kB T
( f : Anzahl der Freiheitsgrade)
   
Thermische Energie
(Größenordnung von UTeilchen)
Etherm  =  kBT
(UTeilchen  »  kBT )

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© H. Föll (MaWi für ET&IT - Script)