Vierer-Indizierung im hexagonalem Gitter

Viererindizierung von Richtungen

Zunächst definiert man einen zusätzlichen Basisvektor, um der Symmetrie der hexagonalen Basisebene besser gerecht werden zu können.
Statt dieser EZ
mit drei Basisvektoren
Hexagonale EZinDreierindizierung
nimmt man eine EZ
mit vier Basisvektoren.
Viererindizierung
Natürlich kann man nun die Indizes nicht mehr ganz unabhängig wählen.
Hat man im Dreier-System eine Richtung mit <UVW> bestimmt, wird im Vierer-System dieselbe Richtung jetzt mit <uvtw> beschrieben.
Die neuen "Vierer"-Indizes können aus den alten "Dreier"-Indizes wie folgt berechnet werden:
u  =  1/3 (2U – V)
     
v  =  1/3 (2V – U)
 
t  =  – (u + v)
     
w  =  W
Achtung! Bei t stehen absichtlich "kleine" Buchstaben. Diese Formeln kann sich jeder selbst ableiten! Aber aufpassen! Im "Askeland" hat sich z.B. bei diesen Formeln ein Fehler eingeschlichen.
Kristallographisch gleichwertige Richtungen haben mit der Viererindizierung dieselbe generelle Indizierung, wie in einer Übungsaufgabe gezeigt wird.
 

Viererindizierung von Ebenen

Die Indizierung von Ebenen im Vierersystem ist sehr einfach:
Die Dreier-Indizierung (hkl) einer Ebene geht über in die Vierer-Indizierung (hkil); d.h. die drei alten Indizes ändern sich nicht und der neue Index i berechnet sich simpel aus der Bedingung
h + k + i  =  0
Symmetrien sind im Vierersystem klar erkennbar:
Alle Richtungen mit gleichen Viererindizes sind kristallographisch äquivalent.
Alle Ebenen mit gleichen Viererindizes sind kristallographisch äquivalent.
Zu beachten ist aber, daß der Vektor <uvtw> im allgemeinen nicht senkrecht auf der Ebene (uvtw) steht.

Pseudoreziprokes Gitter im Vierersystem

Für später (Einführung in die Materialwissenschaft II) gehen wir gleich noch einen Schritt weiter und betrachten auch das sogenannte reziproke Gitter
Hier muß man dazu nur wissen, dass das reziproke Gitter aus dem realen Gitter abgeleitet wird, indem man Vektoren mit Komponenten h, k, l definiert, die senkrecht auf den Ebenen {hkl} des realen Gitters stehen und eine Länge haben, die proportional zum Abstand dieser Ebenen sind - und dass das reziproke Gitter für viele Zwecke wichtiger werden wird als das reale Gitter.
Ein reziprokes Gitter mit vier Komponenten der Basis- und Translationsvektoren ist aber, wenn man genau hinschaut, grundsätzlich nicht definierbar; man bekommt unlösbare Probleme sobald man die formale Definition bemüht.
Wir betrachten also zunächst das reziproke Gitter zu den drei Basisvektoren a1, a2 und c des hexagonalen Gitters.
Diese Basisvektoren des reziproken Gitters seien g1, g2 und g3. Sie ergeben sich für das hexagonale Gitter zu
g1  =  2 · (2a1 + a2)
3a2

g2  =  2 · (a1 + 2a2)
3a2

g3  =  c
c2
 
Ein so definierter reziproker Gittervektor steht per definitionem senkrecht auf der Ebene mit den gleichen Dreier-Indizes.
Will man auch im reziproken Gitter die Vierer-Indizierung übernehmen, muß ein pseudoreziprokes Gitter so eingeführt werden, daß in ihm ein pseudoreziproker Gittervektor mit der Indizierung (hkil) senkrecht auf der Ebene (hkil) des Raumgitters steht.
Da nun die Ebene (hkl) dieselbe ist wie die Ebene (hkil), besteht die Aufgabe darin, den Vektor G = hg1 + kg2 + lg3 auszudrücken als
g  =  hg'1  +  kg'2  +  ig'p  +  lg'3
Wobei die gestrichenen Vektoren die Basisvektoren des pseudoreziproken Gitters sind. Der Basisvektor g'p ist der vierte und eigentlich überflüssige Vektor.
Gleichzeitig gilt immer die Nebenbedingung h + k + i = 0.
Damit ist das pseudoreziproke Gitter definiert, es gilt
g'1  =  2
3a2
 · a1

g'2  =  2
3a2
 · a2

gp'  =  2
3a2
· a3  =   – (a1 + a2)

g3'  =  1
c2
  · c
Das pseudoreziproke Gitter ist also mit dem realen Gitter bis auf die Länge der Basisvektoren identisch.
Der große Vorteil des pseudoreziproken Gitter ist, daß sich in ihm Produkte von Vektoren des realen und des reziproken Gitters besonders einfach ausrechnen lassen (eine Aufgabe, die häufig vorkommt).
Ist ein Translationsvektor des realen Gitters in der Viererindizierung gegeben durch r = <uvtw> und ein Vektor des pseudoreziproken Gitters durch g = (hkil),
dann gilt für das Skalarprodukt
r · g  =  hu + kv + it + lw
d.h. man kann rechnen wie in einem cartesischen System.
Produkte zwischen Vierervektoren derselben Sorte sind etwas komplizierter, es gilt: Für
r1  =  <u1 v1t 1 w1>

r2  =  <u2 v2 t2 w2>
ist das Skalarprodukt (mit der Abkürzung l = (2/3)(c/a)2):
r1 · r2  =  3a2
2
 · (u1 · u2 + v1 · v2 + t1· t2 + l2 · w1 · w2)
Ähnlich im pseudoreziproken Gitter. Für
g1  =  (h1 k1 i1 l1)

g2  =  (h2 k2 i2 l2)
ist das Skalarprodukt
g1 · g2  =  3a2
2  
· (h1 · h2 + k1 · k2 + i1 · i2 + l–2 · l1 · l2)

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© H. Föll (MaWi 1 Skript)