Lösungen zur Übung 2.4-1

Berechnung des E-Moduls aus dem Bindungspotential

Gegeben sei das Bindungspotential
UBindg  = –  A 
r n
  +   B 
r m
1. Wie groß ist der Elastizitätsmodul ausgedrückt in UBindg? Für Hinweise zur Ableitung der Grundformel siehe den Hauptstrang
2. Zeige, daß sich folgende Formel ergibt
E  =  n · m · U 0
r03
 

Zum ersten Teil der Aufgabe

Um den Abstand eines Atoms in irgendeiner Anordnung mit Bindungsabstand r0 zu seinen Nachbarn zu ändern, muß eine Kraft F angreifen, die dann auf die für ein Atom spezifische Fläche A = r02 wirkt.
  Die auf ein Atom bezogene Spannung s = F/A ist damit
s  =  F 
r02
  Der Abstand zu den Nachbarn wird sich ändern, die zugehörige Dehnung e ist
e(s)  =  r(s)  –  r0
r0
  Die Kraft F um gegen das Bindungspotential das Atom zum Ort r zu bringen ist direkt durch die Ableitung des Potentials U(r) gegeben, wir haben F = +dU(r)/dr.
Wir haben ein plus anstelle eines minus Zeichens, denn wir betrachten jetzt die Kraft die gegen die rücktreibende Kraft des Potentials "arbeitet".
Der E-Modul E war definiert als
E  =  ds
de
 =  d[F/r02]
de
Setzt man alle Beziehungen von oben ein, berücksichtigt die Kettenregel (ds/de = ds/dr · dr/de) mit dr/e = r0, erhält man
E  =  1  
r02
 ·  dF
dr
· dr
de
 =  1 
r02
· d2U
dr2
· dr
de

E  =  1 
r0 
· d2U
dr2
Für kleine elastische Verformungen müssen wir die zweite Ableitung dann natürlich an der Stelle r = r0 nehmen.
Soweit zum ersten Teil der Aufgabe. Der zweite ist rein mathematisch: Wir müssen die Bindungspotentialfunktion zweimal ableiten. Wir haben
UBindg  =  – A 
rn
  +   B 
rm
Außerdem noch die Definitionen
dU
dr
÷
÷
ro  =  0

U(r0)  =  U0 
Damit können wir die unbekannten Konstanten A und B eliminieren und E in den Variablen r0, U0, m und n ausdrücken.
 

Zum zweiten Teil der Aufgabe

Zunächst ergibt sich durch einmal ableiten
dU
 =  n · A · r– (n + 1)m · B · r– (m + 1)
dr
Oder, etwas umgeschrieben
dU
dr
 =   n
r
 ·   A · r – n  –  m
r
 · B · r – m
  Für r = r0 gilt dU/dr = 0 und deshalb
A · r0–n  =  m
n
 ·  B · r0–m
Eingesetzt in die Potentialgleichung erhalten wir für U0
U0  = –  m
n
 · B · r0– m   +  B · r0– m  =  n  –  m
n
 ·  B · r0

Þ B · r0– m  =  U0 ·  n
n – m
Weiter ergibt sich
A · r0– n  =  – U0 ·   m
m – n
Die beiden Parameter A und B können damit elimiert werden, wir haben
A  =  – U0 · r0n  · m
m – n

B  =  U0 · r0m  · n
 =  – U0 · r0m  · n
n – m m – n
Zweimal ableiten führt jetzt auf den E-Modul.
Differentiation der ersten Ableitung von oben ergibt
d2U
  = –   n · (n + 1)
 · A · r – n  +   m · (m + 1)
 · B · r – m
dr2 r2 r2
Für den E- Modul brauchen wir den Wert der 2. Ableitung am Potentialminimum, d.h. bei r = r0. Dabei können wir die obigen Ausdrücke für A · r0 – n und B · r0 – m verwenden und erhalten
d2U 
= U 0
· n · m · (n + 1)
U 0
· n · m · (m + 1)
dr02 r02 m – n r02 m – n


d2U
= U0
· [–n · (n + 1)] + [n · m · (m + 1)]
= U0
· n2 · mnm + nm2 + nm
= U0
· n2 · m + nm2
= n · m · U0
dr02 r02 n – m r02 m – n  r02 m – n r02
Mit der Formel für E von oben erhalten wir das Endergebnis

E  =   1 
· d2U 
  = – n · m ·U0 
r0 dr2  r03

Das Minuszeichen ist notwendig, da U0 in dieser Systematik eine negative Größe ist. Der E-Modul ist damit - wie es sein muss - eine positive Größe.
Wow! Was für eine Rechnerei für ein einfaches Ergebnis! Das wird uns aber noch öfters begegnen - beim thermischen Ausdehnungskoeffizienten, zum Beispiel (da ist der mathematische Aufwand sogar noch erheblich größer!).
Der eine oder die andere mag jetzt den Mut verlieren, weil er oder sie für so eine Rechnerei Stunden braucht und sich mehrmals verrechnet.
Darauf kommt es aber nicht an. Ich brauche auch Stunden und verrechne mich grundsätzlich bei solchen Aufgaben. Entscheidend ist aber nicht wie lange an braucht sondern:
  • Dass man begriffen hat, was man im Prinzip ausrechnen kann (d.h erkennt, wie die Fragestellung in ein rein mathematisches Problem überführt wird).
  • Dass man sich dann die Rechnung oft sparen kann, weil andere das schon gemacht haben. Man muß aber verstehen, was genau die anderen gemacht haben, damit man damit was anfangen kann.
 

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© H. Föll (MaWi 1 Skript)