 | Die Ionenbindung ist die einfachste Bindungsart - sie läßt sich klassisch in guter
Näherung durch die anziehende Wechselwirkung zweier ungleichnamig geladener "harter" Kugeln verstehen.
Die anziehenden elektrostatischen Kräfte sind dabei ungerichtet . Egal in
welche Raumrichtung r man schaut, die Kräfte sind immer dieselben. Auch bei exakter
quantenmechanischer Betrachtung ändert sich kaum etwas gegenüber dem klassischen Bild. |
|  | Wir
bleiben beim Beispiel des LiF aus dem vorhergehenden Kapitel. Wir können die beiden Gedankenexperimente
zusammenfassen: Erst wird dem Li-Atom ein Elektron entfernt (unter Aufwendung der Ionisationsenergie
I), danach wird dieses Elektron dem F - Atom übergeben, wobei die
Elektronenaffinitätsenergie A frei wird. |
|  | Die Gesamtbilanz sieht dann so aus |
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Li | + | 5,4 eV | Û | Li + | + | e | | | | |
| | | F | + | 3,6 eV |
Û | F | + | e |
oder addiert und umsortiert
Li + F + 1,8 eV | Û | Li + | +
| F |
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 | Durch die reine Ionisierung ist also noch
keine Energie gewonnen; im Gegenteil: Die Gesamtbilanz ist negativ! Um beide Atome zu ionisieren muß erstmal
Energie in das System hineingesteckt werden. |
|  | Wir haben aber auch noch kein LiF gebildet, denn unsere beiden
Ionen sind weit voneinander entfernt. Wenn wir sie jetzt gedanklich einander nähern, wird durch die
elektrostatische Anziehung Energie frei. Sie ist identisch zu der Energie, die wir bräuchten um die beiden Ionen,
nachdem sie sich auf die minimal mögliche Distanz a0 genähert haben - also
LiF mit Bindungsabstand a0 geformt haben - wieder zu trennen. Wir nennen diese Energie
die Bindungsenergie E'Bin der
Ionen (nicht zu verwechseln mit der Bindungsenergie EBin der Atome!). |
|  | Beschreiben wir etwas unpräzise unsere Ionen als Kugeln, ist a0
natürlich nichts anderes als die Summe der beiden Kugelradien, also der Ionenradien r1 und r2. |
|  | E'Bin ist nun leicht zu
erhalten. Wir müssen nur die Bindungsenergie berechnen, indem wir die Arbeit gegen die Coulombkraft (q1 ·
q2)/4pe0r2 durch integrieren von
r = a0 bis r = ¥ berechnen.
(q ist dabei die jeweilige Ladung). Es gilt |
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E'Bin = | ¥ ó õ a0 | q1 · q2 4p · e0 · r
2 | · dr |
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|  | Wir erhalten sofort |
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E'Bin | = – |
q2 4p · e0 · a0 |
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|  | und konkret
E'Bin(LiF) = – 7,2 eV für LiF mit einem gemessenen a0=
0,2 nm. |
 | Dazu machen wir eine kleine Übung,
um mit den elektrostatischen Maßeinheiten, mit dem elektrostatischen Potential und mit den
Größenordnungen der betrachteten Energien etwas vertrauter zu werden. |
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 | Dabei sind folgende Beziehungen eingeflossen: |
|  | Die beiden Ladungen sind je eine positive und eine
negative Elementarladung e; damit ist q1 ·
q2= – e2 |
|  | Den Wert a0 = 0,2 nm muß man natürlich kennen. Entweder entnimmt man (bei entsprechendem Rechengeschick) die beiden Ionenradien der
Schrödingergleichung, oder man mißt sie im Experiment. Das geht, wie wir in Mat-Wiss II lernen werden, ganz
einfach wenn man nicht nur ein LiF Molekül hat, sondern einen ganzen LiF Kristall . |
|  | Damit können wir die Bindungsreaktion vervollständigen: |
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Li | + | F | Û
| Li + | + | F | – 1,8 eV |
| | | | |
| | | Li + | + | F | Û | LiF
| | | + 7,2 eV | | | | | | |
| | | | zusammen | | | | | | | |
Li | + | F | Û | LiF | + | 5,4
eV | |
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 | In Worten bedeuten diese Gleichungen: |
|  | Aus je einem Li- und F- Atom kann durch Zufuhr (Minuszeichen) von (3,6
– 5,4) eV= – 1,8 eV je ein Li +- und F –-Ion gemacht werden. |
|  | Bei der Reaktion von Li+ und F– zu einem LiF Molekül werden +7,2 eV frei (Pluszeichen),
die mit den aufgewendeten – 1,8 eV für die Ionisation zu einer Bindungsenergie der Atome von +5,4 eV führen. |
|  | Das ist eine ganze Menge Energie für zwei Atome, so daß wir mit einer kräftigen
Reaktion rechnen dürfen, wenn Li und F in Kontakt kommen. |
 | Allerdings wird die Reaktion nicht von alleine beginnen, denn
zunächst werden die – 1,8eV benötigt um die Ionen zu erzeugen. |
|  | In der Regel wird diese Startenergie durch die thermische Energie geliefert,
die in einem System steckt, also in einer Ansammlung vieler Atome. Die Energietönung ist aber auf jeden Fall positiv (es wird Energie durch die Reaktion
frei), so daß die Reaktion stattfinden "möchte". |
 | Als Gedächtnisstütze bewähren sich häufig bewußt
einfache (und damit in den Details unvollständige bis falsche Graphiken, die aber den springenden Punkt ganz deutlich herausarbeiten (bei der Ionenbindung kann man das fast
wörtlich nehmen, denn der springende Punkt ist das vom Alkalimetall zum Halogen springende Elektron). |
|  | Zunächst malen wir die
Elektronenverteilung auf die diversen Schalen - ganz schematisch! |
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 | Dann verteilen wir die Elektronen neu - Li verliert eines und Na gewinnt
eines. |
|  | Schließlich schematisieren wir den
Endzustand. |
| Im "Schalenbild " malen wir für jede Hauptquantentzahl n einen
Kreis, und symbolisieren die insgesamt zu dieser Hauptquantenzahl vorhandenen Elektronen mit kleinen Kreisen. Das
sieht für die Ionenbindung Na - Cl dann so aus: |
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 | Das kann man sich spaßeshalber im Link auch mal animiert anschauen |
 | Um zu
sehen, wie man mit solchen schematisierten Graphiken umgeht, machen wir dazu eine kleine Übung. |
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 | Wir haben jetzt verstanden, wie bei
Vorliegen der Ionenbindung aus Atomen Ionen werden, die dann elektrostatisch zusammenhalten und Moleküle bilden.
In der obigen Übung wird das Prinzip auch auf Moleküle mit mehr als 2 Atomen ausgeweitet - z.B.
CaF2 . |
|  | Aber ein Material, das nur aus
einzelnen Molekülen besteht, ist, bei genauer Betrachtung, immer ein Gas . Denn wenn es flüssig oder fest
werden soll, müssen Bindungskräfte zwischen den Molekülen wirksam
werden, sonst halten sie nicht zusammen. |
|  | Wir
müssen uns also anschauen, wie man von zwei Ionen zu vielen kommt, vom LiF - Molekül zum LiF
- Festkörper, oder, um einen Begriff schon vorwegzunehmen, der uns noch viel
beschäftigen wird, zum LiF - Kristall. |
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© H. Föll (MaWi 1 Skript)