5.2.2 Die Konzentrationen von Ladungsträgern im Leitungs- und Valenzband in dotierten Halbleitern

Konzentration und Zustandsdichte mit Dotierung

Für die Konzentration der Ladungsträger im Leitungsband gilt nach wie vor und auch sonst immer:
nL(T)  =  ¥
ó
õ
EL
D(E) · f(E, EF ,T) · dE
???????? Bedeutet das, eine Dotierung ändert nichts an den Ladungsträgerkonzentrationen?
Nein - das bedeutet es ganz sicher nicht! Denn wir haben zwar dieselbe Grundformel wie im intrinsischen Fall - und auch sonst immer - aber wir haben jetzt, erstens, andere Zustandsdichten, und wo die Fermienergie jetzt liegt, ist zweitens auch nicht unmittelbar klar.
Das ist in der Formel oben angedeutet, indem wir die Fermienergie EF als Variable in die Fermiverteilung schreiben.
Betrachten wir nun die möglichen Änderungen bei Zustandsdichte und Fermienergie.
Wie sich die Zustandsdichte mit Dotierung ändert, ist einfach zu sehen:
In den Bändern ändert sich nichts; es gibt genau so viel Plätze für Elektronen wie ohne Dotierung. Wir verwenden deshalb einfach die effektiven Zustandsdichten weiter.
In der Bandlücke sieht es anders aus. Im intrinsischen Halbleiter war die Zustandsdichte in der Bandlücke überall (d.h. bei jeder Energie) = Null; jetzt aber haben wir ND Zustände bei E = ELDED und NA Zustände bei E = EV + DEA.
Die zusätzlichen Zustandsdichten in der Bandlücke sind also identisch mit der Dichte der eingebrachten Störstellen (von gewissen kleinen Komplikationen, die uns hier aber nicht interessieren, mal abgesehen).
So weit so einfach. Die entscheidende Frage ist jetzt aber: Wo liegt die Fermienergie?.
Wir schauen uns das in mehreren Schritten an; sowohl qualitativ, als auch quantitativ.
 
Wo liegt die Fermienergie - zweiter Teil
   
Qualitativ gehen wir genauso vor wie beim ersten mal, als wir uns diese Frage gestellt haben.
Wir betrachten einen Halbleiter, der Donatoren mit der Dichte (oder Zahl) ND enthalten soll, die ein Energieniveau für Elektronen bei ED (d.h. EDEL = DED) in die Bandlücke einführen. Weiterhin betrachten wir nur technisch relevante Donatoren, d.h. DED << EG.
Bei T = 0 K werden dann die Donatorniveaus die letzten mit Elektronen besetzten Zustände sein; nach der "naiven" Definition der Fermienergie wäre dann
EF  =  ED
Naiv, aber immerhin: Die Fermienergie ist jetzt ganz woanders als im intrinsischen Halbleiter, wo sie in Bandmitte lag.
Nun wärmen wir den Kristall ein kleines bißchen auf. Die dann zur Verfügung stehende thermische Energie kT wird ausreichen, um einige Elektronen vom Donatorniveau ins Leitungsband zu heben, während vom Valenzband sehr, sehr viel weniger kommt - diesen Beitrag können wir erst mal vernachlässigen.
Fermienergie 
im dotierten Halbleiter
In der "Zwickelbetrachtungsweise" der Fermiverteilung erhalten wir jetzt folgende Formel:
Zwickelhöhe im Leitungsband · NLeff = Zwickelhöhe auf Donatorniveau · ND.
Wir haben nicht mehr die Flächen der Zwickel, sondern nur noch die Zwickelhöhen, d.h. den Wert der Verteilungsfunktion bei der betrachteten Energie, denn die Integration über die "Zwickelfläche" im Leitungsband ist ja in der effektiven Zustandsdichte schon enthalten.
Den Zwickel unterhalb des Donatorniveuas brauchen wir gar nicht aufzuintgrieren, denn nur bei ED gibt es überhaupt Zustände.
  Im Leitungsband dürfen wir zur Berechnung der Zwickelhöhe statt der Femiverteilung auch die Botlzmann Näherung nehmen, da ELEF >> kT für "normale" Umstände.
  Für das Donatorniveau dürfen wir das aber nicht, da der Abstand von Fermienergie zu ED beliebig klein werden kann. Tatsächlich wird die Fermienergie sogar durch das Donatoniveau "durchrutschen" müssen, wenn man die Temperatur erhöht, wie wir gleich sehen werden. Bei kleinen T liegt EF oberhalb von ED, bei Raumtemperatur aber unterhalb.
  Wie auch immer, der Zeichnung entnimmt man zwanglos, daß bei halbwegs vergleichbaren effektiven Zustandsdichten NLeff  und ND (angedeutet durch die Dicke der Balken), die Fermienergie jetzt, d. h. bei sehr kleine T, zwischen EL und ED liegen muß
Das können wir sofort quantifizieren. Unter der für kleine Temperaturen sicher richtigen Annahme, daß weitaus überwiegend alle Elektronen im Leitungsband von Donatoren kommen, muß gelten
Zahl (oder Volumendichte) nL(T) der besetzten Zustände im Leitungsband = Zahl (oder Volumendichte) der nicht mehr besetzten Zustände N+D(T) bei den Donatoratomen.
Dabei haben wir davon Gebrauch gemacht, daß für jedes Elektron, das sein ursprüngliches Donatoratom verlassen hat, ein positiv ionisiertes Donatoratom zurückbleibt, d.h. nL(T) = N+D(T).
Wenn wir uns nun zum letzten Mal im Langtext vergegenwärtigen, daß die Zahl von besetzten Zuständen immer gegeben ist durch Integral über Fermiverteilung mal Zustandsdichte oder, einfacher, effektive Zustandsdichte mal Wert der Boltzmannverteilung, dann ist nL(T), die Zahl der Elektronen im Leitungsband nL(T) = NLeff · exp–(ELEF )/kT
Die Zahl der noch von Elektronen besetzten Donatorzuständen N0D(T) (die "0" bei N0D(T) steht für ungeladen) wäre dementsprechend
N0D(T) = NDNLeff · exp–(ELEF )/kT
Wir wollen uns aber gar nicht erst mit der Näherung aufhalten, dass alle Elektronen im Leitungsband von den Donatoren stammen, sondern schreiben in voller Allgemeinheit mit Hilfe der Fermiverteilung
N0D(T) = ND · f(ED, EF, T ).
Die Zahl N+D(T) der nicht mehr mit Elektronen besetzten Donatorzustände ist, ebenfalls in voller Allgemeinheit:
N+D(T) = ND · {1 – f(ED, EF, T ).
Das können wir sofort mit Formeln hinschreiben:
nL(T) = N+D(T)
 
NLeff · exp–(ELEF )/kT) = ND · {1 – f(ED, EF, T )}
EF ist rot markiert, denn es ist die einzige Unbekannte in obiger Gleichung.
Wir haben also eine transzendente Gleichung mit einer Unbekannten - der Fermienergie. Diese Gleichung ist damit die Bestimmungsgleichung für die Fermienergie für den Spezialfall, daß alle Elektronen im Leitungsband nur von den Donatoren kommen.
Ob man diese Gleichung wohl analytisch lösen kann, d.h. einen geschlossen Ausdruck EF = EF(ND, NLeff , T) hinschreiben kann?
Rezepte zur Lösung transzendenter Gleichungen gibt es zwar nicht, aber man kann ja mal probieren:
Übung 5.2-1
Fermienergie ausrechnen
Das Ergebnis ist genau wie oben qualitativ beschrieben: Die Fermienergie liegt zwischen EL und ED.
Aber das gilt nur für kleine Temperaturen, bei denen der Anteil der Elektronen, die es aus dem Valenzband ins Leitungsband schaffen, gegenüber den Elektronen aus Donatorniveaus vernachlässigbar ist.
Immerhin, wir haben eine völlig neue Sache gefunden: Wir haben im mit Donatoren dotierten Halbleiter unter diesen Umständen ("kleine" Temperaturen) sehr viel mehr Elektronen im Leitungsband als Löcher im Valenzband!
Klar? Nein? Na dann: Wie groß ist jetzt nV, die Konzentration der Löcher im Valenzband?
Richtig: Integral über Zustandsdichte mal (1 – Fermiverteilung) oder gleich effektive Zustandsdichte mal Wert der Boltzmannverteilung bei der gewählten Energie.
nV  »  NVeff  . exp –  EFEV
kT 
Da in mit Donatoren dotierten Halbleitern die Fermienergie aber "hochgerutscht" ist, ist EFEV jetzt aber viel größer als im intrinsischen Fall; statt ungefähr EG /2 haben wir jetzt ungefähr EG.
Wir haben also in mit Donatoren dotierten Halbleitern (bei nicht zu hohen Temperaturen) tatsächlich sehr viel mehr Elektronen im Leitungsband als Löcher im Valenzband. Das ist so eine fundamental neue Sache, daß wir für die damit verbunden Eigenschaften zwei allgemeine Bezeichnungen erfinden:
1. Wir nennen alle Halbleiter, die mehr Elektronen im Leitungsband als Löcher im Valenzband haben
"n-dotiert" oder n-leitend,
da negative (bewegliche) Ladungen überwiegen.
Den umgekehrten Fall (mehr Löcher als Elektronen) nennen wir
"p-dotiert" oder p-leitend,
da positive (bewegliche) Ladungen überwiegen.
Die Kleinschreibung von "n" und "p" ist extrem wichtig, da ein P-dotierter Halbleiter ein mit Phosphor (P) dotierter Halbleiter ist - und der ist dann n-leitend, denn Phosphor ist ein Donator! Verwechslungen von n- und p-dotierten Scheiben sind dann vorprogrammiert, und das ist so ungefähr der GAU in der Halbleitertechnologie.
2. Wir nennen diejenigen Ladungsträger, die die Mehrheit haben, die
Majoritätsladungsträger oder kurz Majoritäten.
Die anderen sind dann die
Minoritätsladungsträger oder kurz Minoritäten.
In mit P dotiertem n-leitendem Si sind also die Elektronen im Leitungsband die Majoritäten, die Löcher im Valenzband die Minoritäten.
Bevor wir dieser spannenden Sache weiter nachgehen, betrachten wir aber erstmal noch, was bei hohen Temperaturen in dotierten Halbleitern geschieht.
Dazu suchen wir uns einfach eine Temperatur aus, die garantiert mehr Elektronen aus dem Valenzband ins Leitungsband schaufelt, als wir überhaupt Donatoren haben, d.h. wir postulieren
nV  »  ND
Das ist leicht trickreich formuliert, aber die Zahl der Löcher im Valenzband ist zumindest nie kleiner als die Zahl der Elektronen, die aus dem Valenzband kommen (ob sie größer sein kann, werden wir noch sehen).
Damit ist dann aber auch nL » nV, und damit muß die Fermienergie wie im intrinsischen Fall ungefähr in Bandmitte liegen
Man kann das auch so verstehen: Bei genügend hohen Temperaturen kann das Valenzband immer sehr viel mehr Elektronen ins Leitungsband schicken als jede mögliche (sinnvolle) Dotierung, da wir einfach immer sehr viel mehr Kristallatome haben als Fremdatome = Dotierungsatome
Damit ist der Unterschied zu intrinsischem Verhalten bei hohen Temperaturen praktisch nicht wahrnehmbar, und die Fermienergie ist zwangsläufig wieder in Bandmitte.
Wie hoch die "hohe" Temperatur sein muß, um den Beitrag der Donatoren zu den Elektronen im Leitungsband zu überwältigen, wird ganz klar von der Konzentration ND an Donatoren abhängen. Bei kleinen Konzentrationen reichen schon mittlere Temperaturen; bei hohen Konzentration muß man kräftig heiß machen.
Damit haben wir aber auch schon die indirekt gestellte Frage beantwortet: Wo liegt die Fermienergie bei mittleren Temperaturen?
Bei tiefen T liegt sie zwischen EL und ED, also dicht unterhalb der Leitungsbandkante, bei hohen Temperaturen liegt sie in der Bandmitte - bei mittleren Temperaturen kann sie nur irgendwo dazwischen liegen.
Damit erwarten wir qualitativ, aber logisch zwingend, folgenden Verlauf der Fermienergie mit der Temperatur:
Temeperaturabhängigkeit 
der Fermienergie
Es bleiben nur noch zwei Fragen: Wie ist die Lage, wenn wir nicht Donatoren, sondern Akzeptoren einbauen? Oder beide gleichzeitig?
Die zweite Frage stellen wir etwas zurück; die erste ist einfach zu beantworten:
In p-dotiertem Material werden wir bei kleinen Temperaturen viele Löcher im Valenzband generieren, weil die thermische Energie ausreicht, um Elektronen aus dem Valenzband auf die Akzeptorniveaus zu befördern. Die Fermienergie muß zwischen Akzeptorniveau and Valenzbandkante sitzen.
Wir haben jetzt sehr viel mehr Löcher im Valenzband als als Elektronen im Leitungsband, Löcher sind jetzt die Majoritätsladungsträger.
Bei hohen Temperaturen wird alles wieder intrinsisch, die Fermienergie liegt in Bandmitte. Wir erwarten folgenden Verlauf der Fermienergie mit der Temperatur:
Temperaturverlauf 
der Fermienergie mit Akzeptoren
Alles ist ziemlich symmetrisch, wie es auch sein sollte.
Aber genug der qualtitativen Betrachtungen. Wie sieht das ganze quantitativ aus?
Das schauen wir uns in einem eigenen Unterkapitel an.
Fragebogen / Questionaire
Multiple Choice Fragen zu 5.2.2

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© H. Föll (MaWi 2 Skript)