3.2.3 Zusammenfassung Kapitel 3.2

Die Wechselwirkung von Kristallen mit Wellen, die Wellenlängen im Bereich der Gitterkonstante oder kleiner haben, ist das Rückgrat der gesamten Strukturanalytik.
"Beliebt" sind Röntgenstrahlen, Elektronenstrahlen und Neutronenstrahlen. Mathematisch sind sie in der einfachsten Form alle durch eine Welle der Form y = y0 · exp(ikr) beschrieben.
Grundlegende Phänome der Wechselwirkung sind Absorption (hier uninteresant) und Interferenz.
Die Interferenz einer Welle mit dem periodischen Gitter des Kristalls wird zunächst durch das Bragg-Gesetz beschrieben. In qualitativer Form (und im Rückblick) besagt es:
1. Zu betrachten ist die spezielle Wechselwirkung einer ebenen Welle mit irgendeiner Netzebenenschar {hkl} des Kristalls. Die gesamte Wechselwirkung mit allen individuellen Ebenen ist die Summe der einzelnen Wechselwirkungen.
2. Die Wechselwirkung mit einer gegebenen Ebenenschar hat genau zwei Möglichkeiten
  • Entweder es passiert überhaupt nichts - die Welle "ignoriert" {hkl} und läuft einfach weiter.
  • Oder sie wird an {hkl} reflektiert (mit Einfallswinkel = Ausfallswinkel)
3. Die zweite Möglichkeit (Reflektion ) erfolgt dann, und nur dann, wenn der Einfallswinkel der Welle auf {hkl} einen ganz bestimmten Wert QB hat (den "Bragg-Winkel")
4. Der Bragg-Winkel ist einfach zu bestimmen: Er ist der Winkel bei dem konstruktive Interferenz auftritt; man erhält durch simple Geometrie:
sin(QB) = l
2 · dhkl
Mit dhkl = Abstand zwischen den {hkl} Ebenen (aus Kenntnis des Gittertyps und der h, k, l berechenbar!); l = Wellenlänge. Außerdem denken wir daran, dass z.B. die {111}, {222} oder {333} Ebenen verschieden sind!
Damit läßt sich für einen gegebenen Kristall und eine gegebene Welle exakt ausrechnen, in welchen Raumrichtungen überhaupt reflektierte, oder besser gesagt gebeugte Wellen auftreten können.
Das Bragg Gesetz verknüpft zwei Vektoren - den Wellenvektor k der einfallenden Welle, und den Wellenvektor k' der eventuell gebeugten Welle. Damit liegt nahe, es als Vektorgleichung zu formulieren.
Es ergibt sich eine extrem einfache Beziehung: Beugung erfolgt dann, und nur dann, falls gilt
k  –  k'  =  Ghkl
Mit G = ausschließlich durch das Gitter definierter Vektor, genannt "rezipoker Gittervektor", mit den Eigenschaften
1. G steht senkrecht auf der betrachteten Ebenenschar {hkl}
2. |G| = 2p/dhkl
Abgesehen von der hier noch unwichtigen Richtung ist der reziproke Gittervektor damit eindeutig charakterisiert.
Zum Schluß sollte man sich noch klar machen, daß Mutter Natur hier wieder mal die einfachstmögliche Formulierung eines komplexen Problems gewählt hat: Aus logischen Gründen braucht man mindestens die beiden Wellenvektoren und eine Gittereigenschaft. Eine einfachere Gleichung als die obige Vektorgleichung ist logisch nicht möglich.

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© H. Föll (MaWi 2 Skript)