4.2 Atomare Fehlstellen im Nicht-Gleichgewicht

Abschreck-Experimente

Grundgedanke: Mehr atomare Fehlstellen, als es dem globalen Gleichgewicht entspricht, sind leichter zu messen, da die Effekte größer sind.
Abschrecken von hohen Temperaturen
Extremform: Ein Draht aus dem zu untersuchenden Metall wird in flüssigem suprafluidem (=unendlich hohe Wärmeleitfähigkeit) HeII auf die Meßtemperatur erhitzt (der entstehende He-Dampf reicht zur thermischen Isolation).
Nach dem Abschalten des Heizstroms kühlt die (dünne) Probe sehr schnell auf He II-Temperatur (=ca 1K) ab, die im Gleichgewicht vorhandenen atomaren Fehlstellen haben keine Zeit, um sich ins Gleichgewicht zu setzen und werden eingefroren. Die Messung des Restwiderstands gibt dann direkt ein Maß für die Konzentration bei der Arbeitstemperatur.
Probleme beim Abschrecken
Die Abschreckgeschwindigkeit (=ca 104 °C/s beim He II Experiment) ist immer noch zu langsam, um Agglomeration der atomaren Fehlstellen auszuschließen. Man kann diese Verluste durch Extrapolationen mehrerer Kurven bei verschiedenen Abschreckexperimenten abschätzen und eliminieren, siehe unten:
 

 
Abschreckverformung: Die hohen mechanischen Spannungen durch die hohen Temperatur-Gradienten führen zur plastischen Verformung (oder Bruch) mit Eingriffen in die Konzentration der atomaren Fehlstellen.
Verunreinigungen: Da diese den Restwiderstand massiv beeinflussen können, sind Messungen mit "dreckigen" Proben kaum auszuwerten. Auch muß sehr sorgfältig darauf geachtet werden, daß die Temperung bei hohen Temperaturen nicht zur Eindiffusion von Dreck führt.
(Bei Silizium wurden bei Abschreckexperimenten in der Regel Verunreinigungen beobachtet (meistens Fe), ohne daß man dies wußte).
Beispiel für die berechnete Leerstellenkonzentration beim Abschrecken in Au (12K)

Weitere Methoden

Der folgende Abschnitt ist im englischen Skript ausführlicher!
Wenn alles nicht hilft:
Untersuchung der Agglomerate aus atomaren Fehlstellen mit Elektronenmikroskopie, Röntgenmethoden, etc.
Lokales Gleichgewicht akzeptieren, d.h. die Proben langsam abkühlen. Aus Art, Konzentration und Größe der Agglomerate Rückschlüsse auf Art und Konzentration der atomaren Fehlstellen im globalen Gleichgewicht.
Sehr indirekt und nicht sehr quantitativ, aber
Erster direkter Hinweis auf Existenz und evtl. Dominanz der Zwischengitteratome im thermischen Gleichgewicht in Silizium (Föll und Kolbesen 1978)
Abbildung: TEM-Bilder von Swirl-Defekten in Si (162K)
Problem: Auffinden der Defekte im Elektronenmikroskop bei kleinen Defektdichten
Untersuchung mit Rastertunnelmikroskopie
Abgeschreckte Probe brechen, auf Spaltfläche atomaren Fehlstellen direkt anschauen
Abbildung: atomaren Fehlstellen in GaAs (150K)
Problem: Im Laufe der Messung nimmt die Dichte an Defekten zu???

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