Rede

der Ministerpräsidentin Heide Simonis
auf dem Sommerfest
der Technischen Fakultät
der Christian-Albrechts-Universität

am 12.6.1998, 18.00 Uhr,

Kiel-Gaarden

7 Jahre Technische Fakultät - Erfahrungen und Perspektiven

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Professor Haensel,
sehr geehrter Professor Föll,
meine Damen und Herren,

als Ministerpräsidentin profitiere ich täglich davon, daß meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter professionell mit neuen Medien und Kommunikationstechnologien umgehen. - Ohne dies würde die Staatskanzlei heute auch gar nicht mehr funktionieren.

Ich bin mir der Bedeutung von Technik also sehr wohl bewußt. Gerade in Schleswig-Holstein spielt die Zusammenarbeit von Forschung und Wirtschaft eine wichtige Rolle. In der Landesregierung bemühen wir uns auch, hier so weit es geht zu helfen. Deshalb muß ich aber nicht persönlich jedes technische Verfahren bis ins letzte Detail verstehen. Ich begegne dem Thema eher als interessierte Laiin, die immer gern dazulernt.

Deshalb hat mich ein Bericht über die Technische Fakultät so fasziniert, der vor wenigen Monaten im Fernsehen kam. Es wurde gezeigt, wie Sport, Materialwissenschaft und Energiesparen auf ganz neue Weise verbunden wurden. Man hatte in einem Fitness-Studio die Foltermaschinen so umgerüstet, daß die Kraftsportler dort elektrische Energie erzeugten.

Doch es war ein Aprilscherz.

Auch ich bin drauf reingefallen. Wieder mal wußte ich nicht so genau, was die Herren Ingenieure - Damen gibt's ja leider praktisch keine - so treiben, um sich sportlich fit zu halten.

Um so mehr freut es mich, auf dem Sommerfest der Fakultät - von Herrn Gansel habe ich schon einiges über diese Feste gehört - mitfeiern zu können. Außerdem habe ich Ihnen, lieber Herr Dekan, vor etwa einem Jahr versprochen, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit der Fakultät einen Besuch abzustatten.

Zunächst kann ich mit einigem Stolz konstatieren: Die Technische Fakultät ist ein Kind dieser Landesregierung. Es war und ist ein wichtiges Ziel unserer Politik, den Weg Schleswig-Holsteins zum modernen Technologieland zu fördern wo immer es möglich ist. Eine Aufgabe, die wir in den letzten Jahren zielstrebig und mit großen finanziellen Anstrengungen angepackt haben.

Ich erinnere an die Technologiestiftung, an die neue Fachhochschule Westküste und den Ausbau der Fachhochschulen, an die Informatik der Medizinischen Universität zu Lübeck, an die Gründung des Instituts für Silicium Technologie in Itzehoe und die Projekte der Expo 2000 mit Technik Bezug.

Ich weiß: Es ist kein leichtes Geschäft, in einer eher klassisch orientierten Universität eine technische Fakultät von Null an aufzubauen. Es ist Ihnen, meine Damen und Herren Professores und Mitarbeiter der Fakultät, gelungen, diese anspruchsvolle Aufgabe zu meistern. Dafür schuldet Ihnen die Landesregierung Dank.

Sie wissen, daß mir die Reform des öffentlichen Dienstes am Herzen liegt, und meine Vorstellungen dazu nicht bei jedem Mitarbeiter auf Gegenliebe stoßen. Um so mehr freut es mich, daß die Technische Fakultät demonstriert: Es ist im öffentlichen Dienst möglich, schnell und zügig eine Sache anzupacken!

Das ist wohl ein deutscher Rekord, der nicht so schnell überboten werden kann.

Sehr gefallen hat mir auch, hier auf moderne Verwaltungs- oder besser Managementstrukturen zu stoßen. Kosten- und Leistungsrechnung, leistungsorientierte Mittelzuweisung, flächendeckender Einsatz von EDV usw., das hat nicht jeder! Herr Föll, ich gehe aber wohl nicht fehl in der Annahme, daß es nicht immer ein Zuckerschlecken war, diese neuen Instrumente durchzusetzen.

Die Technische Fakultät war uns dabei immer ein ganzes Stück voraus. Spannend ist, was sie Neues bei den Studiengängen erreicht hat.

Über den technischen Teil kann ich nicht viel sagen, da sind Sie die Experten. Aber in den sogenannten "nichttechnischen Wahlpflichtfächern" finde ich spannende Themen. Zum Beispiel Existenzgründungsseminare oder Veranstaltungen von Leuten aus der Wirtschaft zur unmittelbaren betrieblichen Praxis.

Die stärker berufsorientierte Ausrichtung der Studiengänge macht den besonderen Reiz einer Fachhochschule aus. Fragt man die Studierenden, so geben sie als Gründe für die Wahl eines Fachhochschulstudiums vor allem die kurze Studienzeit und den hohen Praxisbezug an. Ein Pfund, mit dem Sie ruhig wuchern sollten.

Ein besonderes Spezifkum der Technischen Fakultät sind die innovativen Ansätze in Randbereichen des universitären Lebens, die sonst unter der Thematik "haben wir noch nie gemacht" und "das ist nicht mein Job" fallen.

Der "Jugend Forscht"-Wettbewerb, den die Fakultät vor kurzem hier veranstaltet hat - wofür ihr übrigens auch der Dank des Landes gebührt - hat ja richtig Geld gekostet und wäre ohne den Förderverein nicht möglich gewesen.

Herr Dr. Murmann, Sie waren bis vor wenig Stunden der erste Vorsitzende des Fördervereins. Im Namen der Landesregierung danke ich Ihnen und Ihren Vorstandskollegen aus dem Förderverein, daß Sie Ihre Zeit so erfolgreich in den Dienst der guten Sache gestellt haben.

Mit Interesse habe ich auch zur Kenntnis genommen, daß die Technische Fakultät aktive Frauenförderung betreibt. Zumindest hat das der Dekan gesagt, und mir netterweise vor einiger Zeit dazu einen großen Packen Papier zukommen lassen. Ich frage mich nur, wo die geförderten Frauen eigentlich sind. Eine hat vorhin das Diplom bekommen. Ich würde mir aber schon noch ein paar mehr wünschen! Also meine Herren: Fördern Sie weiter!

Einen Punkt möchte ich besonders herausgreifen: die Kooperation mit der Wirtschaft. Ein - so scheint es - schwieriges Thema. Der Dekan hat bereits darauf hingewiesen, daß die Kooperationsmöglichkeiten beschränkt sind.

Ich stimme Herrn Föll prinzipiell zu, wenn er sagt, daß an Universitäten vor allem Grundlagenforschung betrieben wird. Grundlagenforschung definiert sich auch dadurch, daß sie zweckfrei sein kann, d.h. nicht auf unmittelbares Interesse einer Firma stoßen muß. Kann, nicht muß, ein großer Unterschied!

Aber das kann ja nicht die ganze Wahrheit sein. Ich denke doch, daß in den Ingenieurwissenschaften auch die Grundlagenforschung auf vorhandenen Techniken und Produkten aufbauen kann, und sich nicht ganz im luftleeren Raum bewegen muß. Oder, pointierter: Im großen Bereich der Grundlagenforschung müssen sich doch auch, - ich betone auch -Themen finden lassen, die einen unmittelbaren praktischen Wert und Bezüge zu den Schwerpunkten der Firmen vor Ort haben.

Jeder weiß, was derzeit vordringliche Aufgabe in unserer Gesellschaft ist: Wir müssen mehr Arbeitsplätze schaffen. Und dazu müssen wir insbesondere die Firmen stärken, die im Technologiebereich tätig sind. Wir müssen Firmengründungen initiieren oder unterstützen, und wir müssen Firmen dazu bringen, sich in unserem Land anzusiedeln.

Stellen Sie Ihre Fähigkeiten, Ihr Wissen, Ihre Kompetenz in den Dienst der Gemeinschaft, auch wenn das manchmal an der Grenze des Ihnen Zumutbaren zu gehen scheint! Sie helfen damit nicht nur anderen, sondern letztlich sich selber.

Wir sind davon ausgegangen, daß Deutschland und damit auch Schleswig-Hellsten eine steigende Zahl an Ingenieuren - und vor allem auch Ingenieurinnen - braucht, und daß die Nachfrage nach Studienplätzen - in den Fachhochschulen wie in der Universität - ebenso selbstverständlich steigen würde.

Ebenso selbstverständlich haben wir erwartet, daß ein steigendes Maß an technischer Kompetenz sich in der Wirtschaft des Landes bemerkbar machen würde - in welcher Form auch immer. Ich sehe ein, daß Firmengründungen aus einer neuen Fakultät heraus Zeit brauchen, aber so ganz allmählich sollte die Zeit jetzt eigentlich gekommen sein.

Wer ist schuld am fehlenden Interesse der Jugend an Naturwissenschaft und Technik? Die Technische Fakultät, die Christian-Albrechts-Universität, die Fachhochschulen wohl nicht direkt. Aber fragen müssen wir uns schon: Ist das Angebot an Studiengängen, an Abschlüssen, an Strukturen noch zeitgemäß? Wie könnten sie attraktiver gestaltet werden?

Der Dekan hat erwähnt, daß auch hier in Kiel darüber nachgedacht wird, nach angelsächsischem Vorbild die Abschlüsse "Bachelor" und "Master" einzuführen. Das sind vielversprechende Ansätze, die hoffentlich bald in die Praxis umgesetzt werden.

Aber zurück zur "Schuldfrage": Auf dem letzten Winterfest klang es so, als seien die Politiker schuld an den fehlenden Studentinnen und Studenten. Solche gegenseitigen Schuldzuweisungen bringen gar nichts. Unsere Energien können wir sehr viel nutzbringender einsetzen: Wir müssen gemeinsam überlegen, was wir, jeder auf seinem Gebiet, tun können, um mehr Studierende von den Angeboten der Technischen Fakultät zu überzeugen. - Da liegt die Lösung!

Wie Sie wissen, ist mir die Finanzpolitik nicht fremd. Und ich sage Ihnen, meine Herren Ingenieure, Sie sind uns lieb, aber nicht billig. Im Haushalt sind derzeit rund 24 Millionen DM laufende Kosten für die Technische Fakultät vorgesehen. Das ist für ein nicht gerade begütertes Land kein Pappenstiel! 24 Millionen DM entspricht dem Gesamtetat der FH Lübeck!

Sie selbst erheben den Anspruch. der Gesellschaft unmittelbar nützlich zu sein, ja unsere heutige Lebensweise erst ermöglicht zu haben. Ein Anspruch, den die Theologen, die Germanisten, die Biologen und viele andere nie erhoben haben. Es kann Ihnen daher passieren, mit Ihren eigenen Maßstäben gemessen zu werden. Das gilt nicht nur für Sie, sondern auch für die anderen Disziplinen, die ähnliche Ansprüche erheben, wie zum Beispiel die Medizin.

Es ist, wie wir alle wissen, ein heikles Thema, Effizienz und Wirkungsgrad einer Institution, eines Unternehmens zu bestimmen. Aber es ist auch ein Thema, das sich seit Jahren in den Schlagzeilen hält und an dem hart gearbeitet wird.

Die Universitäten bleiben von dieser Diskussion nicht verschont, auch wenn das nicht immer auf ihr Wohlwollen stößt. Den Hochschulen können Fragen nach dem Verhältnis von staatlicher Förderung und Effizienz ihrer Arbeit nicht mehr erspart werden.

Selbstverständlich können nicht die Kriterien aus der Privatwirtschaft eins zu eins übertragen werden. Etwas mehr Mühe muß man sich schon geben, um die Leistungen der Universitäten meßbar, vergleichbar zu machen. Und eine lebhafte Diskussion über Maßstäbe, mit denen man den Besonderheiten der Hochschulen gerecht wird, ist ja gegenwärtig auch im Gange.

Doch die Perspektive ist klar: Sie müssen in Zukunft dem Land, der Universität, der Gesellschaft glaubhaft machen, daß unser Geld gut angelegt ist.

Wir sind im 7. Jahr der Technischen Fakultät, ist es ein verflixtes 7. Jahr? Kriselt es in der "Ehe" zwischen Land und der Technischen Fakultät? Der Landesrechnungshof hat sich erst vor kurzem dazu geäußert. Er schreibt: "Mittelfristig erscheint die Weiterführung der Technischen Fakultät mit einer personellen und sächlichen Minimalausstattung im Hinblick auf die erforderlichen Konkurrenzfähigkeit nicht sinnvoll".

Ich erlaube mir, das anders zu sehen. Unser Land braucht moderne Technik und bestens ausgebildeten Ingenieure mehr denn je.

Man kann den Rechnungshof natürlich auch so verstehen, daß die personelle und sächliche Minimalausstattung nicht reicht, weil Sie sonst nicht konkurrenzfähig sind, daß wir also noch was drauflegen sollen. Ich sage Ihnen aber ganz klar:

Ein Aufstocken der Zuschüsse ist nicht möglich! - Für Konkurrenzfähigkeit zählt aber nicht allein Größe!

Gerade im technischen Bereich waren, wie man an vielen Firmen sieht, die kleinen die konkurrenzfähigsten. Im Hochschulbereich scheint das im übrigen auch so zu sein. Man mag von den Rankings im SPIEGEL und sonstwo denken was man will, aber daß zum Beispiel die ganz kleine Technische Universität Ilmenau recht weit vorne liegt, zeigt zumindest, daß Größe allein nicht entscheidend ist.

Ich behaupte hier einfach mal, daß Ihre Konkurrenzfähigkeit erstmal an Ihnen, und dann vielleicht an der Größe und der Ausstattung liegt. Und so schlecht scheint es ja gar nicht zu sein.

Denn, wie der Rechnungshof auch bemerkt: "Mit einer Bewilligungssumme von rund 18 Mio. DM an Drittmittel ist die Technische Fakultät trotz der relativ kurzen Zeit ihres Bestehens auf diesem Gebiet bereits sehr erfolgreich gewesen". Also kann das mit der fehlenden Konkurrenzfähigkeit wohl so schlimm nicht sein.

Die Fakultät wurde inmitten der großen Umwälzungen aus der Taufe gehoben, die seit dem Beginn der 90er Jahre Politik und Gesellschaft beschäftigen. Ich beschreibe das einmal mit dem Slogan "Total global und digital".

Die Wirtschaft verschmilzt im Wettbewerb der Stärksten zum globalen Markt. Mit Hilfe der neuen digitalen Kommunikationstechnologien verkleinert sich die Welt zum "globalen Dorf`.

Einige direkte und indirekte Folgen kennen Sie zur Genüge: Arbeitslosigkeit und das Schrumpfen der öffentlichen Haushalte, aber auch große Hoffnungen durch die technischen Innovationen.

Diese Symptome betreffen gerade Ihre Fakultät. Sie stehen im Wettbewerb um Studentinnen und Studenten; bisher noch auf nationaler, bald aber auf internationaler Ebene. Gleichzeitig herrscht starke Konkurrenz mit anderen Bewerbern um Aufträge aus der Informations- und Kommunikationswirtschaft.

Noch ist der Begriff "Wettbewerb" in den Hochschulen, die aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, suspekt und wird nicht ernst genommen. Doch es gibt auch hier Ausnahmen.

Ihr Kollege, Rolf Kessler Rektor der Fachhochschule Frankfurt/Main, schlägt neue Wege ein. Seine Hochschule fit für den Markt zu machen, hat er zum obersten Ziel seiner Arbeit erklärt. In einer großangelegten Strukturreform soll die bislang herrschende starre Trennung der Fachbereiche aufgehoben werden.

Neue Studiengänge sind geplant, die sich stärker an den Bedürfnissen einzelner Branchen orientieren. So ist beispielsweise ein Studiengang "Geronto-Technik" geplant. Das klingt zwar ziemlich kompliziert, ist aber eine sinnvolle Sache. Techniker, Pflegewissenschaftler und Sozialarbeiter sollen zusammenarbeiten, um alten und behinderten Menschen das Leben zu erleichtern.

Die Zahl der alten Menschen ist seit Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. Es ist absehbar, daß ihr Anteil auch in Zukunft wachsen wird. Wenn man darüber einmal nachdenkt, klingen solche Initiativen doch ganz plausibel. Andere Kooperationen sind denkbar, zum Beispiel Finanzstudiengänge. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.

In Zukunft wird die Attraktivität der Hochschulen für Studierende und Partner aus der Wirtschaft davon abhängen wie flexibel die Studiengänge organisiert sind; wie stark die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes berücksichtigt werden. Auch daran wird man die Qualität einer Universität messen.

Man mag in den Universitäten über die verschiedenen Ranking-Listen, die allenthalben auf den Markt kommen, noch lächeln. Aber nicht nur die Finanznot wird den Staat in Zukunft dazu bringen, die Hochschulen unterschiedlich zu behandeln. Auch die öffentliche Meinung wird darauf dringen, oder besser gesagt "die veröffentlichte Meinung". Ich warne aber vor allzu großer Sorglosigkeit.

Liebe Mitglieder der Fakultät, Sie waren und sind, im Vergleich zu anderen Fachbereichen, nicht nur mit schweißtreibender Aufbauarbeit belastet, sondern auch mit dem Problem geringer Studentenzahlen.

In den technischen und naturwissenschaftlichen Fachbereichen ist das kein Einzelfall mehr. Statt mit der seit Jahren gewohnten Überlastung ringen die Studiengänge heute mit einer zum teil weit unterdurchschnittlichen Auslastung.

Wieder nenne ich das Beispiel der Fachhochschule Frankfurt. Nur noch ein Drittel der Erstsemester schreiben sich dort bei den Ingenieuren ein. Früher waren die Ingenieurwissenschaften ihr wichtigstes Standbein.

In den Fachbereichen Elektrotechnik und Verfahrenstechnik ist der Rückgang noch dramatischer. Nach einer Spitze Anfang der 90er Jahre ist die Zahl der Erstsemester um bis zu 70 Prozent gesunken.

Auf diesen Wandel müssen Antworten gefunden werden. Viele gute Ansätze sind bereits zu erkennen, die aber noch zu sehr die Ausnahme sind. Wir müssen dazu kommen, solche Initiativen zu bündeln, einen regeren Austausch zwischen Universitäten und Fachhochschulen zu organisieren. Es geht so viel Energie verloren, wenn jede Hochschule mit ihren Reformen ganz von vorn beginnt.

Ein zweites wichtiges Problem trifft fast alle universitären Einrichtungen gleichermaßen: fehlendes Geld. Sie haben in vielen Punkten Initiativen ergriffen und Maßnahmen eingeleitet, die zukunftsweisend und vorbildlich sind. Lassen Sie mich trotzdem einige Punkte nennen, die Sie sicher schon diskutiert haben, wo aber nach meiner Meinung noch zu wenig Mut und Risikobereitschaft feststellbar ist.

Betreiben Sie aktiv die Internationalisierung der Studienangebote. Es ist schwierig, es gibt Fallstricke, es bestehen Risiken. Trotzdem liegt hier sowohl eine Notwendigkeit als auch eine Chance. "Was lange gärt wird endlich gut" mag für Sekt gelten, im Bildungsbereich können wir uns allzu langes Reifen nicht mehr leisten.

Setzen Sie die mutige Studienstrukturreform, die Sie ja schon begonnen haben, fort. Alles Klagen und Jammern über zu wenige und ungenügend vorbereitete Studentinnen und Studenten nützt nichts. Es gibt die jungen Leute nur so, wie sie heute aus Schule und Elternhaus kommen. Und wenn diese jungen Leute das Studium so wie es angeboten wird, nicht mehr akzeptieren, dann können Sie nicht die Nachfrager ändern, wohl aber Ihr Angebot.

Nehmen Sie die Chancen der Hochschulautonomie ernst. Sie sind hier weiter als andere Fakultäten. Bleiben Sie beim Erreichten nicht stehen, und lassen Sie sich nicht beirren. Suchen Sie noch mehr Kooperationen mit den nahegelegenen Hochschulen. Und damit meine ich nicht nur die Medizinische Universität zu Lübeck, sondern auch die Fachhochschulen. Ich weiß um die Unterschiede zwischen Universität und Fachhochschule. Ich weiß aber auch um unnötige Berührungsängste und Eitelkeiten. Sie sitzen im gleichen Boot mit Ihren Kollegen aus den Fachhochschulen, wenn auch meinetwegen auf verschiedenen Decks und in verschiedenen Funktionen.

Setzen Sie sich Qualitätsstandards in Lehre und Forschung, kontrollieren Sie Ihren Erfolg und sichern Sie die Qualität. Wie wäre es denn, wenn mal aus Schleswig-Hellsten der Ruf "Erster" ertönt, z.B. weil ein Ingenieurstudiengang der Technischen Fakultät als erster in Deutschland die Normen der internationalen Qualitätskontrolle erfüllt?

Setzen Sie die von Ihnen entwickelten Technologien auch in der Lehre ein! Wer, wenn nicht Sie, kann uns allen zeigen, was man mit Multimedia, dem Internet und den anderen schönen Dingen, die Ihnen so eingefallen sind, in der Lehre anfangen kann. Bringen Sie Ihren Sachverstand beim Wandel unserer Gesellschaft zur Informationsgeselischaft ein. Helfen Sie mit - z.B. durch Engagement in der Erwachsenenbildung - diesen Weg schnell und effizient zu gehen.

Die Welt von heute und morgen ist sicher nicht die Weit des Herrn von Humboldt. Lassen Sie sich weniger von den Traditionen der Vergangenheit leiten als von den Visionen für die Zukunft. Es ist Ihre Aufgabe, diese Visionen zu entwickeln. Niemand von Ihnen darf sich davor drücken.

Die Hinweise vieler Professoren, sie seien nur Lehrer und Forscher und sonst nichts, will ich nicht akzeptieren. Die Aufgabe der Politik ist es, Ihnen die Rahmenbedingungen für eine freie und offene Entwicklung zu schaffen. Ausgestalten müssen Sie diesen Rahmen dann schon selbst. Zuviel Einmischung der Politikerinnen und Politiker ist Ihnen ja meist gar nicht so recht.

Und als letzten Punkt: Bauen Sie ein klares von anderen unterscheidbares Leistungsprofil auf. Die Spezialisierung auf ein Angebot, das es nicht an jeder Hochschule gibt, wird in den nächsten Jahren ein wichtiger Standortvorteil sein.

Im Wettbewerb der Universitäten und Fachhochschulen untereinander wird es Gewinner und Verlierer geben. Man kann aufs richtige oder falsche Pferd setzen. Mit diesem Risiko müssen wir alle in Zukunft leben. Setzen Sie aufs richtige Pferd, und satteln Sie es noch heute!

Ihr Dekan hat in seiner Rede das schöne Wortspiel "Ende des Anfangs - Anfang vom Ende" anklingen lassen. Ich sage mit Konfuzius: "Wenn der Wind des Wandels weht. kann man Mauern bauen oder Windmühlen". Bauen Sie Windmühlen und es wird ein Anfang ohne Ende sein.

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© H. Föll