4.4 Zusammenfassungen zu Kapitel 4

4.4.1 Merkpunkte zu Kapitel 4 "Realer Kristall und defektbedingte Eigenschaften"

Defekte sind wichtig!  
  • Viele Eigenschaften sind sensitiv auf Defekte.
  • Defekte erlauben Prozessieren.
       
Nulldimensionale Defekte
(oder "Punktdefekte", "Punktfehler", atomare Defekte)
 
Leerstelle
Beispiel: Leerstelle
 
Defekt hat kleinstmögliche Ausdehnung = "null", d.h. atomare Dimensionen.
  • Fehlendes Atom = Leerstelle
  • Extra-Atome, eigene oder fremde
 
         
Eindimensionale Defekte
(oder "Versetzungen", "Liniendefekte")
 
Versetzung#
Beispiel: Versetzung
Entlang einer Linie (die nicht gerade verlaufen muß, sondern willkürlich gekrümmt oder in sich geschlossen sein kann) ist die Symmetrie verletzt.  
         
Zweidimensionale Defekte
(oder "Flächendefekte")
 
Korngrenze
Beispiel: Korngrenzen
Auf einer Fläche (beliebig gekrümmt) ist an jedem Punkt die Symmetrie verletzt – die Teile rechts und links passen nicht zusammen.
  • Korngremzem
  • Phasengrenzen
  • Stapelfehler
 
         
Dreidimensionale Defekte
(oder "Volumendefekte")
 
Ausscheidung
Beispiel: Ausscheidung im Polykristall
In einem beliebigen Volumen liegt an jedem Punkt eine andere Symmetrie vor.
  • Ausscheidungen
  • "Hohlräume" (= Voids)
 
         
Es gibt vier Grundtypen atomarer Fehlstellen:  
Typen atomarer Fehlstellen
Die intrinsischen Fehlstellen Leerstelle (V) und Eigen-Zwischengitteratom (ZGA oder i) sind im thermodynamischen Gleichgewicht immer vorhanden mit der Dichte n V,i oder der Konzentration (relative Häufigkeit) cV,i:  
   
n V,i  =  N 0 · exp ( E V,i F
kBT
)
       
cV,i = nV,i
N0
 =  exp ( E V,iF
kBT
)
 
   
Die Konzentration steigt also exponentiell mit der Temperatur.  

Leerstellen:  EV,i F »  (0,5 - 2) eV

ZGA:      EV,i F »  (2 - 5) eV

Typische Bildungsenergien EV,iF sind im Bereich von 1 eV .  
Merken: (kBT) RT = 1/40 eV.  
Die Konzentration der extrinsischen AFs ist i.d.R. durch das Ausgangsmaterial bedingt. Sie liegen dann in Über - oder Untersättigung vor  
 
Atomare Fehlstellen sind beweglich. Sie können im Kristall diffundieren.  
Leerstellen Diffusionsmechanismus
Intrinsische und extrinsische ZGA diffundieren direkt durch Sprünge auf äquivalente Nachbarpositionen.  
Leerstellen diffundieren durch Sprünge der Nachbaratome in die Leerstelle.  
Substitutionelle Fremdatome diffundieren über einen Leerstellenmechanismus Þ  
Diffusion ist eine Grundtechnologie, insbesondere für Halbleitertechnik.  
   
Entscheidend ist die Sprungrate r.  

r  =  n0    ·  exp ( EM
kBT 
)    
  Zahl der
Anläufe / s
  Wahrscheinlichkeit,
dass es klappt
n0 = Schwingungsfrequenz der Atome im Kristall » 1013 Hz  
Wesentliche Erkenntnis: Boltzmannfaktor exp[– E/(kBT)] = Wahrscheinlichkeit , dass ein Teilchen (eines Ensembles mit der Temperatur T) die Energie E "hat".  
     
Makroskopische Diffusionströme j (= Teichen pro s und cm2) werden durch Konzentrationsgradienten Ñc getrieben.  
jx   µ   n(x,y,z)
x
     
j( r)  =  D · Ñn(r)

D(T)  =  a2 · r(T)  =  a 2 · n0   ·  exp (–  EM
kBT 
)
             
   =  D0  ·  exp ( EM
kBT 
)
1. Ficksches Gesetz koppelt Ströme und Gradienten.  
Diffusionskoeffizient D beschreibt Teilcheneigenschaften (a = Gitterkonstante). Typische Wanderungsenergien EM (M = "migration") sind im Bereich von 1 eV.  
2. Ficksches Gesetz beschreibt die zeitliche Änderung der Konzentration.  
   
n
t
 = D · æ
ç
è
2n
x 2
 +   2n
y2
 +   2n
z2 
ö
÷
ø
 = D · Dn
 
   
Diffusionsströme geladener Teilchen sind elektrische Ströme!  
         
Diffundierende Teilchen machen einen "random walk":  
Ramdom
Zwischen Schrittweite (meist » Gitterkonstante a), Zahl der Schritte N, Diffusionskoeffizient D, "Laufzeit" t und der Diffusionlänge L gibt es einfache Zusammenhänge:  
   
L2  =  a2 N
     
L  =  (D · t )½
 
   
Die letzte der beiden Gleichungen muss man wissen!  
         
Praktisch alle Kristalle enthalten Versetzungen in einer Dichte  
Die plastische Verformung aller Kristalle
(= aller Metalle) erfolgt ausschließlich durch
die Erzeugung und Bewegung von Versetzungen

Elastische 
und plastische Verformung
r  =  Gesamtlänge Versetzungen
Volumen Kristall
 
   
"Gute" Einkristalle (Labor): r » (103 bis 105) cm–2.  
Normale Kristalle inkl. Polykristalle: r » (105 bis 109) cm–2  
Stark verformte Kristalle: r bis 1012 cm–2.  
     
Materialentwicklung Strukturwerkstoffe (Stahl, Alukarosserie, Turbinenschaufeln, ...) Þ  
Metalltechnik =
Beeinflussung der Erzeugung und Bewegung
von Versetzungen durch andere Defekte
Ohne Versetzungen keine Metallurgie!  
Mit Versetzungen Probleme bei elektronischen Eigenschaften.  
       
Mikroelektronik braucht versetzungsfreies Silizium!  
  Herstellung komplett versetzungsfreier Si-Einkristalle ist eine hohe Kunst!    
     

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© H. Föll (MaWi für ET&IT - Script)