1. Einleitung

1.1 Grundlagen der Materialwissenschaft

1.1.1 Was ist Materialwissenschaft?

Siegfrieds Schwert als Paradigma

Siegfried schmiedet sein Schwert – so um 600 n.C. Bei Wagner und in vielen Filmen schmilzt er das Eisen (oder den Stahl?) und gießt es dann in eine Form.
Nach dem Erstarren muß er eigentlich das Ganze nur etwas sauber schleifen, die Schneide schärfen, einen Griff anbringen – und fertig.
Macht er aber nicht. Die Klinge wird jetzt erstmal geschmiedet. Das heißt, er macht es im Schmiedefeuer heiß, hämmert drauf rum, stößt die immer noch heiße Klinge zischend ins kalte Wasser (oder Öl? Urin? Drachenblut?), hämmert wieder ein bißchen drauf rum, und macht sonst noch alles mögliche.
Warum tut er das? Weil die Eigenschaften eines nur gegossenen Schwerts schlecht wären:
  • Nur gegossen: Weich, verbiegt sich, wird nicht scharf, hält die Schärfe nicht, ... Im Kampf gegen Drachen wird's peinlich im Wortsinn.
  • Geschmiedet: Hart aber elastisch, verbiegt sich nicht und bricht nicht. Sehr scharf und bleibt scharf. Drachen sind ausgestorben.
Wissenschaftliches Problem:
Beide Schwerter sind chemisch identisch.
Aber:
Ihre Eigenschaften sind sehr verschieden!

Warum?
Merke zum ersten: Auch der frühe Material"wissenschaftler" konnte schon bei gegebener Chemie die Eigenschaft in einer gewissen, manchmal recht großen Bandbreite, verändern und einstellen. Er hat's aber nicht verstanden.
Merke zum zweiten: Wissenschaft ist immer die Klärung der Warum-Frage.
Ritterruestung Al Auokarosserie
Nachbau Merowinger Schweissdamastschwert
Beispiele für Metallprodukte mit optimierten Eigenschaften.
Heutztage hat der Held statt eines Schwerte einen Golf GTI oder so was. Geändert hat sich aber nicht viel. Die Metallteile können bei gleicher Chemie sehr verschidene Eigenschaften haben, je nachdem, was man (nach dem Gießen) mit ihnen so angestellt hat.
Ganz nebenbeit noch: Siegfried hat sein Schwert gar nicht gegossen. Er hat's "aus dem Vollen" mit dem Hammer in Form gebracht. Mehr dazu im Link.

Das Notebook als Paradigma

Wir zerlegen mal gedanklich ein Notebook oder Laptop in seine wesentlichen Bestandteile Was wir finden, sind:
Jede Menge Chips auf Platinen. Dann noch einige andere elektronischen Bauteile auf den Platinen (z.B. ...?).
Batterien oder besser Akkus.
Komponenten als "black boxes" wie flacher Bildschirm (LCD), Disk drives, ...
Wir zerlegen mal gedanklich diese Komponenten in ihre Bestandteile. Was wir finden, sind:
Jede Menge Chips, Diodenlaser, "magnetische" Scheiben, Lichtquellen, Flüssigkristalle, Glasscheiben (?) mit was Unsichtbarem drauf, ...
Nebenbei finden wir im Plattenspeicher noch einen Lesekopf, dessen Funktionsprinzip wir garantiert nicht verstehen, selbst dann nicht, wenn wir sämtliche Unterlagen über den exakten Aufbau mit all den verwendeten Materialien etc. bekommen (Hinweis: Physik-Nobelpreis 2007).
Wir finden eigentlich nur Materialien und Elektrotechnik (es gibt elektrische Verbindungen zwischen "Black boxes") und Chips etc. Irgendwie und irgendwo muss aber auch noch Software sein. Aber so wie der Geist wohl nicht ohne Körper auskommt, gibt's auch keine Software ohne einen materiellen Träger derselben.
Fazit:
Im Laptop findet sich primär eine Menge Materialwissenschaft und -technik
Wir definieren damit Materialwissenschaft wie folgt:
Materialwissenschaft
ist die Naturwissenschaft von den
Eigenschaften der Materialien,
den (physikalischen, chemischen, wirtschaftlichen oder sonstigen)
Ursachen dieser Eigenschaften,
und damit der wissenschaftlich begründeten Materialauswahl ,
Materialherstellung und
Materialanalyse
für technische Anwendungen.

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© H. Föll (MaWi für ET&IT - Script)