9.1.3 Einige allgemeine Eigenschaften und Klassifikationen

Klassifikation

Polymere werden gerne in drei Hauptgruppen eingeteilt:
Thermoplaste:
  • Mit zunehmender Temperatur erfolgt Erweichung, die über einen viskosen Zustand (wie Honig) bis zur Verflüssigung führt.
  • Der Prozeß ist reversibel; bei tiefen Temperaturen sind Thermoplaste relativ hart.
  • Die Konformation tendiert zu linearen, wenig verzweigten und vernetzten Ketten in amorpher Anordnung.
  • Beispiele: Polyäthylen, PVC.
Duroplaste
  • Bei Erwärmung erfolgt Zersetzung bevor das Material weich wird.
  • Der Prozeß ist irreversibel.
  • Duroplaste sind bei allen Temperaturen relativ hart.
  • Die Konformation tendiert zu stark vernetzten Ketten.
  • Beispiele: Alle "Epoxy" Kunststoffe.
Elastomere:
  • Bei Erwärmung erfolgt Zersetzung (ähnlich den Duroplasten)
  • Bei tiefen Temperaturen sind Elastomere ziemlich hart.
  • In einem mittleren Temperaturbereich existiert eine extreme elastische Verformbarkeit, d.h. der E-Modul ist sehr klein; mit zunehmender Temperatur nimmt er etwas zu.
  • Der Vernetzungsgrad liegt zwischen dem der Thermoplaste und Duroplaste.
Damit haben wir einen ersten allgemeinen Zusammenhang zwischen mechanischen Eigenschaften und der Konformation, insbesondere dem Vernetzungsgrad.
   
Spezifisches Volumen
   
Ein signifikanter Unterschied zwischen Kristallen und allen amorphen Materialien (inklusive teilkristalliner Polymere) ist die Längenänderung als Funktion der Temperatur in der Nähe des Schmelzpunktes (sofern vorhanden).
Manche Polymere und Gläser schmelzen nicht, sondern kristallisieren vor Erreichen des Schmelzpunktes oder "rauchen ab", d.h. ändern sich chemisch ("verbrennen").
Ansonsten aber findet man die folgenden typischen "Dilatationsdiagramme", die letztlich das spezifische Volumen bzw. die Dichte messen.
Glastemperatur
Das ist das typische Diagramm für einen Kristall - z.B. ein beliebiges Metall. Das spezifische Volumen nimmt mit zunehmender Temperatur zu; aufgrund der thermischen Ausdehnung. Die Steigung der Kurve gibt direkt den thermischen Ausdehnungskoeffizienten a.
Beim Erreichen des Schmelzpunktes Tm ändert sich das Volumen schlagartig - in der Regel nimmt es um einige Prozent zu. Es gibt aber auch Ausnahmematerialien mit einer Dichteanomalie, z.B. Wasser, aber insbesondere auch Si und Ge.
Der thermische Ausdehnungskoeffizient der Flüssigkeit ist immer größer als der des Festkörpers.

So etwa sieht das spezifische Volumen aus für ein Polymer das beim Gefrieren teilweise kristallisiert. Da in der Regel verschieden lange Ketten vorliegen, kann sich weder ein perfekter Kristall bilden, noch ist der Schmelzpunkt eindeutig definiert.
Im "runden" Bereich der Kurve sind die eher ungeordneten Bereiche schon geschmolzen (d.h. die Bindungskräfte zwischen den Ketten reichen nicht mehr aus um die Ketten zu fixieren), währen die kristallinen Bereiche noch "halten".
Der Schmelzpunkt ist aber noch eindeutig definiert.


Das ist das Diagramm für ein vollständig amorphes Polymer oder für ein Glas. Beim Erreichen des Schmelzpunktes (den wir vielleicht von der kristallinen Modifikation des Polymers kennen) geschieht eigentlich gar nichts. Erst bei einer erheblich kleineren Temperatur, die wir Glastemperatur Tg nennen, erkennt man einen Knick der den Übergang in die Kurve des festen Materials kennzeichnet.
Der Schmelzpunkt scheint keine Rolle mehr zu spielen. Das ist aber nur in Bezug auf das spezifische Volumen so; andere Parameter, insbesondere die Viskosität, ändern sich am Schmelzpunkt stark.
Im Bereich zwischen Tm und TG besitzt das Glas sogenanntes freies Volumen, es ist nicht so dicht wie es sein könnte.
 
Die Glastemperatur ist für amorphe Stoffe wichtiger als der Schmelzpunkt. Sie liegt für gebräuchliche Polymere zwischen ca. 200 K (unvernetzte Elastomere, z.B. Naturkautschuk) und ca. 380 K (Epoxy).
Die Erweichungstemperatur, bei der das Polymer viskos und formbar wird, liegt höher, bei ca. 350 K für die Elastomere und ca. 400 K - 500 K für andere.

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© H. Föll (MaWi 1 Skript)